Nach anderthalb Jahren kann nun Bundespräsident Steinmeier das Gesetz zur Änderung des Euro-Rettungsfonds unterschreiben. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Reform als unzulässig verworfen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde von sieben FDP-Bundestagsabgeordneten gegen ein Gesetz zur Änderung des Euro-Rettungsfonds (ESM) als unzulässig verworfen. Die Abgeordneten hätten nicht ausreichend dargelegt, warum ihre Rechte verletzt sein sollten, erläuterte das Gericht am Freitag in Karlsruhe. Auch hätten sie nicht erklärt, warum mit den Änderungen Hoheitsrechte auf den ESM oder die Europäische Union übertragen würden (Beschl. v. 13.10.2022, Az. 2 BvR 1111/21).
Im Jahr 2021 hatten sich die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets unter anderem auf eine Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) geeinigt. Der Rettungsfonds soll die Euroländer absichern. Mit der Reform will sich der Währungsraum besser gegen künftige Finanzkrisen wappnen. Dazu gehört ein gemeinsames Sicherheitsnetz für die Abwicklung von Pleitebanken.
Die Abgeordneten der FDP hatten die Verfassungsbeschwerde als Privatpersonen in Abstimmung mit ihrer Fraktion eingelegt. Sie wollten im Hinblick auf den ESM eine formelle Übertragungskontrolle, um Hoheitsübertragungen zu überprüfen. Außerdem rügen sie die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG durch das Zustimmungsgesetz. Sie sehen sich in ihrem Recht auf demokratische Selbstbestimmung verletzt. Sie kritisierten, dass das Gesetz damals nur mit einfacher Mehrheit gebilligt wurde. Sie meinen, es hätte einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedurft. Grund dafür sei unter anderem das mit dem ESM-Änderungsübereinkommen eingeführte Dringlichkeitsverfahren. Dort würden Hoheitsrechte übertragen und es sei eine faktische Vertragsänderung durch die die Kompetenzen der EU in strukturell bedeutsamer Weise modifiziert werden.
Mit anderer BVerfG-Entscheidung nicht auseinandergesetzt
Mit seinem Beschluss hat das BVerfG den Weg für die Reform des ESM nun frei gemacht: Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Die Abgeordneten hätten weder die Möglichkeit einer Verletzung ihres Rechts auf demokratische Selbstbestimmung gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG noch andere Anhaltspunkte ausreichend begründet. Sie hätten nicht dargelegt, dass mit dem ESM Änderungsübereinkommen Hoheitsrechte auf den ESM oder die Europäische Union übertragen werden oder dass eine faktische Änderung der Rahmenbedingungen des Integrationsprogramms der Europäischen Union in Rede stehe, so das BVerfG.
Schon zuvor hatte der Senat des BVerfG in einer anderen Entscheidung (Beschl v. 13.02.2020, Az. 2 BvR 739/17) ausdrücklich verneint, dass durch den ESM-Vertrag Hoheitsrechte übertragen werden. Nun werfen die Richterinnen und Richter den Abgeordneten vor, sich mit der vergangenen Entscheidung nicht auseinandergesetzt und sie nicht aufgegriffen zu haben.
Auch die Behauptung der Abgeordneten, bei der Neuregelung des Dringlichkeitsabstimmungsverfahrens werde die politische Herrschaft auf die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank verlagert, sei so nicht richtig, erklärt das BVerfG. Es gehe lediglich um die Regelung von Zahlungsvorgängen zwischen dem ESM, dem Ausschuss für die einheitliche Abwicklung und einzelnen Mitgliedstaaten. Die Rechtssphäre der Bürgerinnen und Bürger werden dabei nicht unmittelbar berührt.
Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kann das Änderungsgesetz jetzt prüfen und gegebenenfalls unterschreiben. Mit seiner Unterschrift kann das Gesetz in Kraft treten.
Mit Material der dpa
Verfassungsbeschwerde unzulässig: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50420 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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