Der Berliner Mietendeckel macht Vermieter vielleicht ärmer, ihre Existenz bedroht er aber nicht. Das BVerfG hat einen Eilantrag gegen das Inkrafttreten einer Regelung deshalb abgewiesen.
Kurz vor Inkrafttreten der zweiten Stufe des umstrittenen Berliner Mietendeckels hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen vorläufigen Stopp abgelehnt. Die Karlsruher Richter wiesen den Eilantrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ab, die in Berlin 24 Wohnungen vermietet. Die Vermieter hätten nicht dargelegt, dass ihnen im Fall der Ablehnung ihres Antrags ein schwerer Nachteil von besonderem Gewicht droht. Ungeachtet dessen seien auch für die Gesamtheit oder eine erhebliche Zahl der Vermieter Berlins keine solchen Nachteile ersichtlich, teilte das Gericht am Donnerstag mit (Beschl. v. 28.20.2020, Az. 1 BvR 972/20).
In Berlin sind seit dem 23. Februar Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen auf dem Stand vom Juni 2019 eingefroren. Ab 2022 dürfen sie höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen. Wird eine Wohnung wieder vermietet, muss sich der Vermieter an neue, vom Staat festgelegte Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. Mit dem bundesweit einmaligen Mietendeckel will der rot-rot-grüne Senat den zuletzt starken Anstieg der Mieten in der Hauptstadt bremsen.
Die zweite Stufe greift neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes am 22. November. Dann sind überhöhte Mieten verboten. Dies gilt, soweit sie die nach Berücksichtigung der Wohnlage bestimmte Mietobergrenze um mehr als 20 Prozent überschreitet und nicht als Härtefall genehmigt ist. Die Regelung findet sich in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln). Die Immobiliengesellschaft begehrte mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, das Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 und 2 MietenWoG Bln vorläufig auszusetzen.
BVerfG: Frage der Gesetzgebungskompetenz offen
Das BVerfG lehnte den Eilantrag jedoch ab. Dabei betonten die Karlsruher Richter, dass die Verfassungsbeschwerde weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet sei. "Die Frage, ob dem Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz für die angegriffenen Regelungen des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin zusteht, muss jedenfalls als offen bezeichnet werden und bedarf einer näheren Prüfung im Verfahren der Verfassungsbeschwerde", hieß es in der Entscheidung.
Wird die Aussetzung des Inkrafttretens eines Gesetzes begehrt, sei bei der Folgenabwägung allerdings ein besonders strenger Maßstab anzulegen, hieß es weiter. Zwar würde der Immobiliengesellschaft mit Inkrafttreten der Regelungen monatliche Mieteinnahmen entzogen. "Tatsächliche Auswirkungen wirtschaftlicher Art können regelmäßig aber nicht als von ganz besonderem Gewicht bewertet werden, wenn sie nicht existenzbedrohende Ausmaße annehmen", so das BVerfG.
Bei der Gesellschaft würden im Falle der Verfassungswidrigkeit der Norm grundsätzlich keine irreversiblen Schäden eintreten. In diesem Fall könne sie die vertraglich vereinbarten Beträge rückwirkend verlangen. Zwar bestehe "die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass einzelne Mieter die erst nachträglich geschuldete Miete nicht mehr zahlen können" - Anhaltspunkte dafür, dass dies existenzbedrohende Ausmaße annehmen könnte, habe die Immobiliengesellschaft aber nicht aufgezeigt.
Auch für die Gesamtheit der Berliner Vermieter seien keine existenzbedrohenden Nachteile aufgezeigt worden. Ausweislich der Gesetzesbegründung dürften zwar etwa 340.000 Mietverhältnisse von der Regelung im MietenWoG Bln betroffen sein. "Dass eine erhebliche Zahl der Vermieter durch die Anwendung des § 5 Abs. 1 MietenWoG Bln über eine Minderung ihrer Mieteinnahmen hinaus jedoch dauerhafte erhebliche Verluste oder eine Substanzgefährdung des Mietobjekts zu befürchten hätte, ist nicht ersichtlich".
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
BVerfG sieht keine schweren Nachteile für Vermieter: . In: Legal Tribune Online, 29.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43257 (abgerufen am: 04.10.2024 )
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