BVerfG zu Anspruch auf Wohnkostenübernahme: Wie viel Platz muss sein?

von Maximilian Amos

14.11.2017

Bedürftige unterstützt der Staat mit Sozialleistungen. Dass damit aber kein Luxusleben finanziert werden soll, hat nun das BVerfG deutlich gemacht. Ihre 77-Quadratmeter-Wohnung bekommt eine arbeitslose Beschwerdeführerin nicht bezahlt.

Bürger, die nicht für sich selbst sorgen können, haben einen Anspruch darauf, menschenwürdig wohnen zu können - so sieht es das Grundgesetz vor. Was das bedeutet, muss im Einzelfall ermittelt werden. Einen Anspruch darauf, jede noch so große Wohnung staatlich finanziert zu bekommen, gibt es aber nicht, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit am Dienstag veröffentlichtem Beschluss feststellte (Beschl. v. 06.10.2017, Az. 1 BvR 617/14).

Damit wies die 2. Kammer des Ersten Senats die Verfassungsbeschwerde einer Frau zurück, die Arbeitslosengeld II bezieht und die Kosten für ihre 77 Quadratmeter große Wohnung in voller Höhe vom Jobcenter bezahlt haben wollte. Zunächst hatte das Amt die Kosten tatsächlich vollständig übernommen, dabei aber bereits moniert, dass sie zu hoch seien. Seit 2008 zahlte man schließlich nur noch einen Teil. Zuletzt erreichte die Miete plus Nebenkosten einen Betrag von 706 Euro monatlich.

Daraufhin klagte die Frau zunächst vor dem Sozialgericht, scheiterte dort aber. Auch Berufung und Revision brachten keinen Erfolg. Vor dem BVerfG trug sie nun vor, die begrenzte Kostenübernahme verletze sie in ihrem grundrechtlichen Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum.

Auch SG Mainz zweifelte an Verfassungsmäßigkeit der Norm

Auch das Sozialgericht (SG) Mainz hatte Zweifel an der gesetzlichen Grundlage für die Kostendeckung und legte dem BVerfG diese Frage vor. Die Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II), wonach Kosten für Unterkunft und Heizung anerkannt werden, soweit diese angemessen sind, hielt man auch dort für verfassungswidrig.

Was mit dem Rechtsgebiet weniger Vertraute für selbstverständlich halten mögen, war vor den Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit in den vergangenen Jahren tatsächlich immer wieder ein Streitpunkt gewesen: Die Frage danach, ob der Gesetzgeber das Wohngeld für Arbeitslose auf das Angemessene begrenzen dürfe.

Die Karlsruher Richter trafen nun eine Grundsatzentscheidung. Der Tenor: Ja, er darf. Die sozialstaatliche Grundsicherung muss demnach keinen Anspruch auf unbegrenzte Kostenübernahme für eine Wohnung enthalten, eine Begrenzung auf das Angemessene ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Zitiervorschlag

Maximilian Amos, BVerfG zu Anspruch auf Wohnkostenübernahme: Wie viel Platz muss sein? . In: Legal Tribune Online, 14.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25517/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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