Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde einer Gruppe von zukünftigen Pflegeheimbewohnern gegen Missstände in der Pflege nicht zur Entscheidung angenommen. Sie hätten eine Verletzung von Schutzpflichten nicht hinreichend dargelegt.
Mit am Freitag veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde gegen den sogenannten "Pflegenotstand" für unzulässig befunden (Beschl. v. 11.01.2016, Az. 1 BvR 2980/14). Das BVerfG sollte nach dem Willen der Antragsteller feststellen, dass die gegenwärtigen staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Grundrechte von Pflegeheimbewohnern nicht genügten und der Staat zur Abhilfe und kontinuierlichen Überprüfung verpflichtet sei.
Die Beschwerdeführer fürchten, aufgrund ihres Gesundheitszustandes in absehbarer Zeit selbst auf vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim angewiesen zu sein. Zum Teil nehmen sie bereits ambulante Pflegedienste in Anspruch oder werden von Angehörigen im häuslichen Umfeld gepflegt. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wollten sie auf Missstände in deutschen Pflegeheimen aufmerksam machen. Sie sind der Auffassung, der Gesetzgeber bleibe untätig und verletze damit Schutzpflichten der öffentlichen Gewalt gegenüber den Bewohnern von Pflegeheimen, deren Situation durch die bisherigen Reformen und Gesetzesnovellen nicht spürbar verbessert worden sei.
Defizite in der Pflege nicht durch Gesetze zu verbessern
Den Karksruher Richtern genügt das nicht. Nur in seltenen Ausnahmefällen ließen sich der Verfassung konkrete Pflichten entnehmen, die den Gesetzgeber zu einem bestimmten Tätigwerden zwingen. Ansonsten sei es Sache des Gesetzgebers, ein Schutzkonzept zu machen und umzusetzen. Dabei habe er einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum. Seine Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind, könne das BVerfG nur begrenzt nachprüfen. Eingreifen könne es erst, wenn der Gesetzgeber seine Pflicht evident verletzt hat.
Eine solche Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten durch Unterlassen des Gesetzgebers hätten die Beschwerdeführer aber nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Welche landes- und bundesrechtlichen Regelungen genau unzureichend sein sollen, habe die Beschwerde ebenso wenig aufgezeigt wie Vorschläge, inwieweit sich eventuelle Defizite in der Versorgung von Pflegebedürftigen in Pflegeheimen durch staatliche normative Maßnahmen effektiv verbessern ließen.
Die 1. Kammer des Ersten Senats verneint auch weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen wie die Beschwerdebefugnis der Antragsteller, weil nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit feststehe, dass diese stationäre Pflege benötigen würden. Schließlich müssten Pflegebedürftige gegenüber grundrechtswidrigen Pflegemaßnahmen fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.
acr/pl/LTO-Redaktion
Nicht zur Entscheidung angenommen: . In: Legal Tribune Online, 19.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18524 (abgerufen am: 07.12.2024 )
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