Wesentliche Regelungen der strategischen Fernmeldeaufklärung durch den BND sind verfassungswidrig. Das entschied das BVerfG am Dienstag. Nun muss der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neulösung finden. Bis spätestens 31. Dezember 2021 hat er dafür Zeit.
Die Regelungen zur strategischen Fernemeldeaufklärung im Ausland durch den Bundesnachrichtendienst (BND) im BND-Gesetz sind in wesentlichen Teilen verfassungswidrig, das entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am Dienstag, Urt. v. 19.05.2020, Az. 1 BvR 2835/17.
Der Gesetzgeber habe nun Gelegenheit eine verfassungskonforme Regelung zu finden, sagte Vizepräsident Prof. Dr. Stephan Harbarth bei der Verkündung. Spätestens bis zum 31.12.2021 braucht es eine Neuregelung. Bis dahin bleiben die Regelungen in Kraft.
Nach der Entscheidung ist die Bindung der deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte nach Art. 1 Abs. 3 Grundgesetz (GG) nicht auf das deutsche Staatsgebiet begrenzt. Jedenfalls erstrecke sich der Schutz des Art. 10 Abs. 1 und des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG als Abwehrrechte gegenüber einer Telekommunikationsüberwachung auch auf Ausländer im Ausland. Das gelte unabhängig davon, ob die Überwachung vom Inland oder vom Ausland aus erfolgt.
In dem Verfahren ging es um die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland. Dabei durchforstet der BND ohne konkreten Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen. In der mündlichen Verhandlung haben BND-Mitarbeiter immer wieder betont, dass durch die Fernmeldeaufklärung ein ganz erheblicher Teil ihrer Information gewonnen wird. Vor allem für Erkenntnisse aus solchen Regionen sei das wertvoll, in denen die Gewinnung menschlicher Quellen schwierig und besonders gefährlich ist. Der BND soll die Bundesregierung schnell mit Informationen aus dem Ausland versorgen, damit sie außenpolitische Entscheidungen treffen kann.
Geklagt haben in Karlsruhe ausländische Journalisten und Menschenrechtler. Sie arbeiten in Mexiko, Guatemala oder Slowenien zu Themen von organisierter Kriminalität über Korruption bis hin zu Terrorismus. Alles Themen, für die sich auch der BND interessiert. Deshalb befürchten die Kläger, bei ihrer Arbeit auch ins Visier des BND zu geraten. Sie fürchten unter anderem um den Schutz ihrer Quellen.
Für die Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe haben die Berliner Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Reporter ohne Grenzen (ROG) und andere Medienorganisationen die Beschwerdeführer unterstützt.
Markus Sehl, BVerfG betont weltweite Grundrechtsbindung: . In: Legal Tribune Online, 19.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41659 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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