BVerfG zum Nach-Wende-Rechtsstreit: "Alt­an­sch­ließer" müssen für Vor­teile zahlen

13.08.2020

Grundstückseigentümer im Osten wenden sich gegen Gebühren für einen Abwasseranschluss. Denn nach der Wiedervereinigung sollten auch diejenigen zahlen, die bereits vorher angeschlossen waren. Nun hat das BVerfG dazu entschieden. 

Der in Ostdeutschland als "Altanschließer"-Problematik bekannte Streitfall, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beschäftigt. Die Karlsruher Richter haben allerdings die Hoffnung der Grundstückseigentümer in Ostdeutschland zunichte gemacht, sich gegen die Kosten für den Anschluss an die Abwasserversorgung wenden zu können. Die 2. Kammer des Ersten Senats hat drei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, in denen es um Schmutzwasseranschlussbeiträge für nach der Wiedervereinigung getätigte Investitionsmaßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern ging (Beschl. v. 29.06.20, Az.1 BvR 1866/15 u.1 BvR 1869/1 u. 1 BvR 1868/15).  

In einem anderen Verfahren hatten die Verfassungsrichter bereits eine Klage in einem Musterfall in Brandenburg abgewiesen, die sich ebenfalls gegen die Kosten für den Anschluss an Wasser- und Abwasserversorgung gewendet hatte. Dort stritt man sich auch um die Verjährung der Kostenbescheide, die teilweise mehrere tausen Euro betrugen.

Ob alte oder neue Eigentümer: Vorteile sind für alle gleich

Nun hat die Kammer entschieden, dass den Grundstückseigentümer, deren Grundstücke bereits vor der Wende angeschlossen waren, durch die Nachwendeinvestitionen die gleichen Vorteil wie den Neuanschließern vermittelt werden. Damit sei ein sachlicher Grund gegeben, um die Altanschließer zur Beitragszahlung heranziehen zu können. Auch bestehe durch die gesetzlich Mindestfrist die Gewissheit, dass man "jedenfalls bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 mit der Heranziehung zu Anschlussbeiträgen rechnen" müsse, so die Richter. Daher wirke sich der Verstoß einer zeitlich unbegrenzten Festsetzung von Beiträgen nicht auf Bescheide aus, die - wie in diesen Fällen - zuvor erlassen wurden. 

Nach Ansicht der Karlsruher Richter ist auch die 18-jährige Zeitspanne, in der Anschlussbeiträge erhoben werden dürfen, nicht zu beanstanden. Diese befinde sich im Rahmen des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, den dieser in Bezug auf die Beitragserhebung zum Ausgleich von Vorteilen habe. 

Nicht das einzige Altanschließer-Verfahren 

Im Kern geht es darum, dass Grundstückseigentümer, deren Grundstücke bereits vor der Wiedervereinigung an die Abwasserversorgung angeschlossen waren keine Beiträge für die nach der Wende getätigten Investitionsmaßnahmen leisten wollen. Die dagegen erhobenen Klagen blieben allerdings in allen Instanzen, inklusive des Bundesverwaltungsgerichtes erfolglos.  

Mit der Verfassungsbeschwerde hatten die Grundstückseigentümer nun gerügt, dass das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, welches sich aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz ergibt, verletzt sei. Denn die Entscheidungen der Vorinstanzen seien auf Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern gestützt, die eine zeitlich unbegrenzte Inanspruchnahme der Beitragsschuldner ermöglichten. Das BVerfG sah allerdings keine Verletzung dieser Grundsätze.

vbr/LTO-Redaktion 

 

Zitiervorschlag

BVerfG zum Nach-Wende-Rechtsstreit: "Altanschließer" müssen für Vorteile zahlen . In: Legal Tribune Online, 13.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42483/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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