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BVerfG verneint Recht auf Vergessen: Pres­se­be­richt über pro­mi­nenten Lokal­po­li­tiker bleibt online

24.04.2020

Ältere Zeitungsausgaben werden nicht selten digitalisiert unnd online konserviert

Henryk Niestrój - stock.adobe.com

Aus einem 35 Jahre alten Bericht im Online-Archiv eines Magazins geht hervor, dass ein Anwalt der Sohn eines ehemaligen Politikers ist. Dies stellt aber keine Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, wie das BVerfG entschied.

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Ein Sohn des früheren Münchner Oberbürgermeisters Erich Kiesl (CSU) muss es hinnehmen, dass ein alter Pressebericht über seinen Vater mit seinem eigenen Namen darin bis heute online verfügbar ist. Eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte keinen Erfolg, wie das Gericht in Karlsruhe am Freitag mitteilte. Es gebe in diesem Fall kein Recht auf Vergessen (Beschl. v. 25.02.2020, Az. 1 BvR 1282/17).

Der 2013 gestorbene CSU-Politiker war von 1978 bis 1984 Oberbürgermeister von München. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte 1978 ein Porträt veröffentlicht, in dem auch die Namen der fünf Kinder auftauchen. Der Text steht bis heute im Online-Archiv des Blatts. Der Sohn, der nach Gerichtsangaben als Partner in einer seinen Familiennamen tragenden Anwaltskanzlei praktiziert, möchte nicht öffentlich mit dem früheren OB in Verbindung gebracht werden. Er klagte deshalb gegen den Verlag - vergeblich.

Seine dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an. Das Recht auf Vergessen schütze vor den spezifischen Gefährdungen einer intransparenten, von den Betroffenen nicht mehr nachzuvollziehenden oder zu kontrollierenden Sammlung und Verknüpfung personenbezogener Daten, so das Gericht. Vor der Mitteilung personenbezogener Informationen im öffentlichen Kommunikationsprozess schütze es dagegen nicht.

BVerfG: APR gewährleistet keine einseitig bestimmte Selbstdefinition

Laut Gericht gewährleiste das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) "nicht das Recht, öffentlich so wahrgenommen zu werden, wie es den eigenen Wünschen entspricht". Der Anwalt hatte unter anderem geltend gemacht, dass die Kenntnis um die ehemals prominente gesellschaftliche und politische Stellung seines Vaters eine selbstbestimmte Persönlichkeitsentfaltung erschwere. Das BVerfG sah dies jedoch anders. "Zwar mag dieser Gesichtspunkt eine selbständige Persönlichkeitsrelevanz für die Kinder prominenter Personen besitzen. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet jedoch auch insoweit keine einseitig durch die Betroffenen bestimmte Selbstdefinition", hieß es in einer Mitteilung zum Beschluss.

Die Richter betonten auch das Interesse der Presse, "ihre Archive möglichst vollständig und unverändert der Öffentlichkeit verfügbar zu halten". Auch die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran, dass zutreffende Informationen weiter zugänglich blieben. Dem Anwalt wiederum drohten keine erheblichen negativen Folgen. Die Nennung als Sohn wiege nicht so schwer wie zum Beispiel eine Berichterstattung über frühere schwere Straftaten. Außerdem finde sich der Text beim Googeln erst auf Position 40 bis 50. Es seien also recht intensive Recherchen nötig, um überhaupt auf die Familienbeziehung zu stoßen.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

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BVerfG verneint Recht auf Vergessen: Pressebericht über prominenten Lokalpolitiker bleibt online . In: Legal Tribune Online, 24.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41410/ (abgerufen am: 18.01.2021 )

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