Wegen des Coronavirus waren Ostergottesdienste dieses Jahr verboten. Das BVerfG sprach von einem "überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit". Der Gesundheitsschutz habe aber Vorrang.
Die Osterfeiertage sind für gläubige Christen der religiöse Höhepunkt des Jahres. Nichtsdestotrotz fanden dieses Jahr aufgrund des neuartigen Coronavirus bundesweit keine Ostergottesdienste statt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte am Wochenende zwei Eilanträge gegen das Gottesdienstverbot in Berlin und Hessen abgelehnt (Beschl. v. 10.04.2020, Az. 1 BvQ 28/20 für Hessen, Az. 1 BvQ 31/20 für Berlin).
Der Kläger aus Hessen hatte vor allem geltend gemacht, dass die gemeinsame Feier der Eucharistie zentraler Bestandteil des katholischen Glaubens sei. Sie könne nicht durch die Übertragung von Gottesdiensten im Internet oder das Gebet für sich allein ersetzt werden. Das gelte ganz besonders an Ostern, dem Höhepunkt des christlichen religiösen Lebens.
Die Richter maßen dieser Argumentation sehr großes Gewicht bei. Die Nachteile für den Kläger seien "überaus schwerwiegend" und nicht wiedergutzumachen. Den Schutz von Leib und Leben bewerteten sie in ihrer Entscheidung allerdings noch höher. Gerade an Ostern sei davon auszugehen, dass sehr viele Menschen in die Kirche gehen, heißt es in dem Beschluss. Das würde die Gefahr, sich selbst und andere mit dem Coronavirus anzustecken, erheblich erhöhen. Diese Gefahren blieben auch nicht auf die Kirchgänger beschränkt, sondern würden sehr viele Menschen auch außerhalb der Religionsgemeinschaft betreffen.
Fortlaufende Prüfung der Verhältnismäßigkeit wichtig
Die Richter kamen sodann auf Grundlage einer Folgenabwägung zu dem Schluss, dass der Schutz vor diesen Gefahren "derzeit trotz des damit verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriffs in die Glaubensfreiheit Vorrang vor dem Schutz dieses Grundrechts" hat. Nach der Bewertung des Robert Koch-Instituts komme es gerade in dieser frühen Phase der Corona-Pandemie darauf an, die Ausbreitung zu verlangsamen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems mit vielen Todesopfern zu vermeiden.
Dass die Corona-Verordnungen der Länder befristet sind, sei für die Folgenabwägung von hoher Bedeutung, stellte das BVerfG klar. So sei sichergestellt, dass die Verordnungen unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Corona-Pandemie fortgeschrieben werden müssen. "Bei jeder Fortschreibung der Verordnung muss mit Blick auf den mit einem Gottesdienstverbot verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgen und untersucht werden, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Corona-Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden kann, das Verbot von Gottesdiensten unter - gegebenenfalls strengen - Auflagen und möglicherweise auch regional begrenzt zu lockern", befanden die Verfassungsrichter.
Sowohl in Hessen als auch in Berlin sind die Verordnungen bis zum 19. April befristet.
Mehrere Eilanträge in Sachen Corona über das Osterwochenende
So argumentierte das BVerfG sowohl in der Sache aus Hessen als auch der aus Berlin. Die Gottesdienstverbote in den anderen Ländern dürfte das Verfassungsgericht ebenso ähnlich bewerten. In dem Beschluss wird außerdem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für andere Religionsgemeinschaften nichts anderes gelte. Sie seien durch das Verbot von Zusammenkünften "vergleichbar schwerwiegend betroffen".
Eine andere Kammer des Gerichts wies am Wochenende zum zweiten Mal einen Eilantrag gegen die Ausgangsbeschränkungen in Bayern ab. Die Kläger, ein Mann und eine Frau, hatten vor allem auf die Härten für Alleinlebende abgestellt. Diese müssen in Bayern allein spazieren gehen, weil Bewegung an der frischen Luft nur allein oder mit Personen aus demselben Hausstand erlaubt ist. Nach Auffassung der Richter ist es aber "nicht unzumutbar, die hier geltend gemachten schwerwiegenden Interessen einstweilen zurückzustellen" (Beschl. v. 09.04.2020, Az. 1 BvR 802/20).
Außerdem wurden am vergangenen Freitag zwei Eilanträge als unzulässig verworfen, die sich gegen die Corona-Verordnungen sämtlicher Landesregierungen richteten (Beschl. v. 10.04.2020, Az. 1 BvQ 26/20 und 1 BvQ 30/201).
dpa/acr/LTO-Redaktion
BVerfG weist Eilanträge ab: . In: Legal Tribune Online, 14.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41285 (abgerufen am: 10.11.2024 )
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