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BVerfG zur Vorlagepflicht: Der BGH musste nicht den EuGH anrufen

28.06.2022

Der EuGH in Luxemburg

Der BGH muss den EuGH nur anrufen, wenn eine entscheidungserhebliche unionsrechtliche Frage noch ungeklärt ist. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen. Foto: Florian Baur - stock.adobe.com

Der BGH hätte in einer urheberrechtlichen Fragestellung nicht erst den EuGH per Vorabentscheidungsersuchen einschalten müssen. Er hat alle Voraussetzungen geprüft und sich richtigerweise dagegen entschieden, meint das BVerfG.

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Der Bundesgerichtshof (BGH) musste kein Vorabentscheidungsersuchen zu einer urheberrechtlichen Frage bei der Veräußerung von Computern einreichen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und nahm eine entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an (Beschl. v. 24.05.2022, Az. 1 BvR 2342/17).

Hintergrund des Beschlusses ist ein Streit über die urheberrechtliche Vergütungspflicht von Computern (PCs), wenn diese direkt an gewerbliche Endkunden veräußert werden. Der Streit landete vor dem BGH, der im Einklang mit der Vorinstanz eine derartige Vergütungspflicht abnickte. Die Richter:innen entschieden sich dabei dagegen, zuerst den Europäischen Gerichtshof (EuGH) per Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der Urheberrechtsrichtlinie anzurufen. Der Kläger im Ausgangsverfahren ist jedoch der Ansicht, dass der BGH das hätte tun müssen – und zog vor das BVerfG. Er sieht in der fehlenden Durchführung des Vorabentscheidungsverfahrens eine Verletzung seines Rechts auf einen gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG).

Das sah das BVerfG nun aber anders. Der BGH habe den Vorgaben des EuGH zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens entsprochen, heißt es in einer heute veröffentlichten Mitteilung des BVerfG.

Vorlagepflicht nicht verkannt

Demnach muss ein nationales Gericht der letzten Instanz dann den EuGH anrufen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt - außer, diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, sie war bereits Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH oder die richtige Anwendung des Unionsrechts ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt.

Der BGH habe die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV weder grundsätzlich verkannt noch bestünden Anhaltspunkte dafür, dass er bewusst von den Vorgaben des EuGH abgewichen sei, meint nun das BVerfG. Der BGH habe eine Vorlage an den EuGH in Erwägung gezogen, aber angenommen, dass die urheberrechtliche Frage schon vom EuGH geklärt worden sei. Dann müsse auch kein Vorabentscheidungsersuchen gestellt werden.

Zwar habe der Oberste Gerichtshof Österreichs in einem ähnlichen Fall bei derselben Frage Zweifel daran geäußert und der BGH hätte deshalb eigentlich besonders sorgfältig prüfen müssen, ob er ein Vorabentscheidungsersuchen stellt oder nicht. Allerdings habe der Beschwerdeführer dem BVerfG nicht vorgetragen, wann diese Entscheidung aus Österreich veröffentlicht wurde, so dass man auch nicht davon ausgehen könne, dass der BGH sie zum Zeitpunkt seines Urteils kannte oder hätte kennen müssen.

pdi/LTO-Redaktion

 

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BVerfG zur Vorlagepflicht: . In: Legal Tribune Online, 28.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48868 (abgerufen am: 15.11.2025 )

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