BVerfG zu überlanger Verfahrensdauer: Knapp fünf Jahre noch ange­messen

22.12.2015

Vier Jahre und acht Monate hat das BVerfG gebraucht, um eine Verfassungsbeschwerde durch Nichtannahmebeschluss abzulehnen. Das sei zwar ungewöhnlich lang, berechtige aber nicht zur Entschädigung - das Gericht sei eben überlastet.

Der Beschwerdeführer hatte zunächst vor den ordentlichen Gerichten beantragt, seine personenbezogenen Daten aus dem  staatsanwaltschaftlichen  Verfahrensregister zu löschen und die Weitergabe einer ihn betreffenden Strafakte an das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen zu untersagen. Gegen die ablehnende Entscheidung des OLG erhob er am 4. Oktober 2010 Verfassungsbeschwerde, über die erst am 13. Mai 2015 – durch Nichtannahmebeschluss – entschieden wurde (AR 7295/10, später  1 BvR 99/11). Die am 7. September 2015 erhobene Verzögerungsrüge des Mannes hat das BVerfG mit einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss nun gleichfalls zurückgewiesen (Beschl. v. 08.12.2015, Az. 1 BvR 99/11).

Zwar sei die Verfahrensdauer von vier Jahren und acht Monaten ungewöhnlich lang gewesen, allerdings sei auch eine längere Verfahrensdauer nicht ohne Weiteres zu beanstanden; hierzu müssten vielmehr "außergewöhnliche Besonderheiten" hinzutreten, die das Verfahren im Einzelfall als unangemessen lang erscheinen ließen. Daran fehle es hier jedoch; im Gegenteil habe es Sachgründe für die lange Verfahrensdauer gegeben, namentlich insbesondere "die hohe Belastung des Berichterstatterdezernats".

Priorisierung nach Bedeutsamkeit

Bei der Frage, wann ein Verfahren vor dem BVerfG übermäßig lang sei, müssten neben dem Eingangsdatum auch andere Faktoren berücksichtigt werden, "beispielsweise die Art der Sache sowie ihre politische und soziale Bedeutung" für das Gemeinwesen. In dem unter anderem für das Datenschutzrecht zuständigen Dezernat des Berichterstatters seien im fraglichen Zeitraum außergewöhnlich viele Verfahren besonderen Umfangs anhängig gewesen, die politisch sehr bedeutsam waren; ebenso bei der zur Entscheidung berufenen Kammer des Ersten Senats. Diese Verfahren hätten auch nicht auf andere Senate umverteilt werden können, weil diese ebenfalls stark belastet waren.

Grund der Zurückstellung sei insbesondere die Befassung mit dem BKA-Gesetz gewesen; nach Fertigstellung des Votums in diesem Verfahren am 17. März 2015 habe es nur noch knapp zwei Monate bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers gedauert.

Es sei außerdem nicht zutreffend, dass das BVerfG sich nicht substantiell mit seiner Beschwerde hätte auseinandersetzen müssen, nur weil es diese letztlich nicht zur Entscheidung angenommen hat. Im Gegenteil sei der Nichtannahmebeschluss im Fall des Klägers sogar mit einer Begründung versehen worden, was im Jahr 2014 nur in 3,58 Prozent der auf diese Weise abgeschlossenen Beschwerdeverfahren der Fall gewesen sei.

cvl/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG zu überlanger Verfahrensdauer: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17945 (abgerufen am: 04.10.2024 )

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