BVerfG zur Einkommen- und Erbschaftsteuer: Zinsansprüche sind doppelt steuerpflichtig

13.05.2015

Viel Geld zu erben, kann "teuer" werden. Die latente Einkommensteuer, die zu einer doppelten Versteuerung des Erbes führen kann, ist nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehbar. Die daraus resultierende Pflicht, sowohl die Einkommen- als auch die Erbschaftsteuer auf Zinsansprüche zu zahlen, verstößt auch nicht gegen das Grundgesetz, entschied das BVerfG.

Mit am Mittwoch veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde gegen die Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer bei der Vererbung von Zinsansprüchen mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung angenommen (Beschl. v. 07.04.15, Az. 1 BvR 1432/10).

Unter anderem sei es aufgrund der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers mit dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer in dieser Konstellation unberücksichtigt zu lassen.

Beschwerdeführer war der Alleinerbe seines verstorbenen Bruders. Zum Nachlass von rund 15 Mio. DM gehörten auch bereits aufgelaufene, aber erst im Jahr 2002 fällige Zinsansprüche in Höhe von rund 190.000 DM. Im Jahr 2002 wurde hierfür bei dem Beschwerdeführer Einkommensteuer auf Kapitalerträge von (anteilig) rund 50.000 Euro festgesetzt. Die Erbschaftsteuer setzte das Finanzamt auf rund 4,8 Mio. DM fest. Die Zinsansprüche wurden vom Finanzamt bei der Bestimmung des erbschaftsteuerlichen Gesamtwerts des Nachlasses mit ihrem Nennwert eingestellt. 

Die auf den Zinsansprüchen ruhende Belastung mit sogenannter latenter Einkommensteuer wurde hierbei nicht berücksichtigt. Dies führte dazu, dass die Zinsansprüche vor Fälligkeit mit der Erbschaftssteuer und bei Zufluss der Zinsen dann nochmal mit der Einkommensteuer belastet wurden. Das Begehren des Beschwerdeführers, die Erbschaftsteuer wegen dieser latenten Einkommensteuer um rund 16.000 Euro herabzusetzen, blieb im Einspruchsverfahren und vor den Finanzgerichten ohne Erfolg.

Mehrbelastung kann in Relation vernachlässigt werden

Das BVerfG sah in dieser steuerlichen Doppelbelastung keinen Verfassungsverstoß. Bei einer steuerlichen Gesamtbelastung von 4.8 Mio DM auf einem Nachlasswert von 15 Mio DM könne im Hinblick auf die Erbrechtsgarantie, Art. 14 Abs. 1 GG, von ökonomischer Sinnlosigkeit des Vererbens keine Rede sein.

Auf die vom Beschwerdeführer als übermäßig gerügte Steuerbelastung allein der Stückzinsansprüche könnte es nur bei einer völlig atypischen separaten Vererbung der Zinserträge ankommen, die der Erblasser durch entsprechende Gestaltung problemlos vermeiden könne. Angesichts seiner Typisierungsbefugnis müsse der Gesetzgeber für diesen Fall keine besondere Regelung vorsehen.

Auch das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt, wenn die Einkommensteuer, die im Jahr nach dem Erbfall auf die bis zum Todeszeitpunkt entstandenen Zinsansprüche anfällt, bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer nicht berücksichtigt wird.

Eine generelle Aussage zum Verhältnis von Erbschaft- und Einkommensteuer und dem Problem der latenten Einkommensteuerbelastung werde damit nicht getroffen. Denn jedenfalls bei zum Nachlass gehörenden Zinsansprüchen sei es wegen der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers gerechtfertigt, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer unberücksichtigt zu lassen.

Zwar zeige der Fall des Beschwerdeführers, dass es bei absolut sehr hohen Erbschaften mit einem großen Anteil an Wertpapieren und sich hieraus ergebenden Zinsansprüchen zu einer für sich genommen hohen Mehrbelastung kommen kann. Bei der Beurteilung des Maßes an Ungleichheit müsse aber die Mehrbelastung in Relation zur Gesamtbelastung gesehen werden. Diese erscheine hier - mit rund 0,65 Prozent - als vernachlässigbar.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG zur Einkommen- und Erbschaftsteuer: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15530 (abgerufen am: 01.12.2024 )

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