Die Begrenzung von Rentenansprüchen ehemaliger Stasi-Mitarbeiter ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das BVerfG sah keinen Grund, von seiner bisherigen Linie abzuweichen und lehnte die eingereichten Verfassungsbeschwerden ab.
Die gesetzliche Begrenzung von überführten Versorgungsansprüchen ehemaliger Stasi-Mitarbeiter ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss (v. 07.11.2016, Az. 1 BvR 1089/12 u. a.).
Die Beschwerdeführer sind ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), besser bekannt unter dem Namen Stasi. Sie wandten sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen belastende Rentenbescheide sowie die dazu ergangenen Gerichtsentscheidungen und begründeten dies mit der Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Überführungsvorschriften. Die Eingaben wurden vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.
In der DDR existierte neben der gesetzlichen Rentenversicherung ein Sonderversorgungssystem für Mitarbeiter der Stasi, welches eine eigenständige Versicherung seiner Mitglieder beinhaltete, ähnlich wie die Beamtenversorgung in der BRD. Mit der Wiedervereinigung mussten die Rentenansprüche der Stasi-Mitarbeiter in das neue Rentensystem überführt werden, was schon aufgrund der hohen Zahl neuer Mitglieder einen großen Aufwand bedeutete. Zu diesem Zweck wurden entsprechende Vorschriften aufgestellt, unter anderem in Form des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Bereits 1999 entschieden
Mit Entscheidung vom 28. April 1999 (1 BvL 11/941) hatte das BVerfG § 7 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes für in Teilen verfassungswidrig erklärt, soweit die Vorschrift die Rentenansprüche auf die Werte der Anlage 6 zum AAÜG begrenzte, die ursprünglich Höchstwerte in Höhe von 70 Prozent des Durchschnittseinkommens in der DDR vorsah. Die Regelung sei mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar und nichtig, soweit für die Rentenberechnung das zugrunde zu legende Arbeitsentgelt unter das jeweilige Durchschnittseinkommen im Beitrittsgebiet abgesenkt werde.
Soweit mit der Begrenzungsregelung des § 7 AAÜG das gesetzgeberische Anliegen verwirklicht werden solle, überhöhte Versorgungsleistungen abzubauen, sei nur eine Absenkung der in der DDR erzielten Arbeitsverdienste auf das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet verfassungsgemäß.
In einem weiteren Urteil vom selben Tag (1 BvR 1926/96) erklärte das BVerfG zudem § 307b Abs. 1 des sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Nach der Regelung wurden für die Rentenberechnung die während der gesamten Versicherungszeit bezogenen Arbeitsentgelte zugrunde gelegt.
Dagegen wurde der monatliche Rentenbetrag für die übrigen Bestandsrentner - solche aus der Sozialpflichtversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung - in einem pauschalen Verfahren ermittelt, das nur auf dem Einkommen aus den letzten 20 Berufsjahren basierte, was typischerweise zu einer Besserstellung führte, da die Arbeitnehmer in der Regel gegen Ende ihres Beruflebens ein höheres Einkommen erzielten.
Bloße Kritik am Urteil reicht nicht
Die Beschwerdeführer forderten vor dem BVerfG nun eine Aufhebung der nach den ergangenen Urteilen weiter bestehenden Begrenzung ihrer Renten. Diese hatte der Gesetzgeber in der Folge lediglich an die Mindestvorgaben des Gerichtes angepasst, um "erneute ideologisch geführte Diskussionen" zu vermeiden.
Sofern sich die Beschwerden nun gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG n. F. richteten, erklärte die Kammer, es sei kein Grund ersichtlich, die Rentenüberführung noch einmal neu verfassungsrechtlich zu überprüfen. Zwar könnten neue rechtserhebliche Tatsachen ein Grund für einen neuerliche Entscheidung sein, solche hätten die Beschwerdeführer aber nicht dargelegt, die stattdessen nur solche Argumente ins Feld führten, die schon 1999 nicht ausschlaggebend gewesen seien.
Inwiefern der Gleichheitssatz, wie durch die Anspruchsteller gerügt, durch die aktuelle Regelung des § 307b SGB VI weiterhin verletzt sei, hätten diese ebenfalls nicht dargelegt. Ein Grund, die diesbezügliche Entscheidung aus dem Jahr 1999 zu überdenken, ergebe sich daher nicht.
mam/LTO-Redaktion
BVerfG zum DDR-Sonderversorgungssystem: . In: Legal Tribune Online, 28.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21599 (abgerufen am: 11.10.2024 )
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