Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist bei der Bundestagswahl nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Spielten dabei die Auslandsdeutschen eine Rolle, die ihre Stimme nicht rechtzeitig abgeben konnten? Die Partei prüft rechtliche Optionen.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kam bei der Bundestagswahl am Sonntag auf 4,972 Prozent der Wählerstimmen – und verpasste damit nur ganz knapp die mindestens nötigen fünf Prozent für den Einzug den Bundestag. Jetzt erwägt die Partei, das Ergebnis juristisch überprüfen zu lassen. Dies kündigten die Parteivorsitzenden Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali in Berlin an.
Wagenknecht begründet dies mit den 230.000 registrierten deutschen Wahlberechtigten im Ausland. Wegen der kurzen Fristen vor der vorgezogenen Wahl hätten viele von ihnen ihre Stimme nicht abgeben können, sagte die BSW-Gründerin. Angesichts des sehr knappen Wahlergebnisses, bei dem dem BSW lediglich 13.400 Stimmen zum Einzug in den Bundestag gefehlt hätten, "stellt sich schon die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Wahlergebnisses", sagte Wagenknecht. Die Co-Vorsitzende Mohamed Ali sagte: "Wir werden die Sache jetzt juristisch überprüfen lassen."
Bereits in der Wahlnacht hatte auch der BSW-Politiker Fabio De Masi auf X spekuliert, dass die Wahl noch Karlsruhe beschäftigen werde. Die fehlenden Stimmen entsprächen etwa sechs Prozent der in das Wahlverzeichnis eingetragenen Auslandsdeutschen, die in erheblichem Maße an der Wahl gehindert worden seien, so De Masi. Daneben nennt er die mediale Berichterstattung als Faktor, der das Wahlergebnis beeinflusst habe.
Verfassungsrechtlerin: "Bloßer Hinweis auf knappes Resultat ist nicht ausreichend"
Unter welchen Voraussetzungen die Nachprüfung der Wahl möglich ist, hat Verfassungsrechtlerin Dr. Roya Sangi für LTO eingeschätzt. Wenn das Gesamtergebnis der Wahl bereits feststeht, ist eine Nachprüfung nur noch im Rahmen des sogenannten Wahlprüfungsverfahrens durch Einspruchsberechtigte möglich, so Sangi. Bei der Wahl handele es sich um ein Massenverfahren, das zügig durchgeführt werden und zeitnah zur Feststellung des Wahlergebnisses führen müsse. "Ihr reibungsloser Ablauf kann nur gewährleistet werden, wenn die Rechtskontrolle der zahlreichen Einzelentscheidungen der Wahlorgane während des Wahlverfahrens begrenzt und einer nach der Wahl stattfindenden Prüfung vorbehalten bleibt", erklärt Sangi.
Ihrer Einschätzung nach kann das BSW die Wahl jedenfalls nicht allein aufgrund des missliebigen Ergebnisses angreifen: "Ein bloßer Hinweis auf ein knappes Wahlresultat ist nicht ausreichend, um im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens eine Nachzählung anzuordnen und durchzuführen. Hierfür bedarf es einer substantiierten Darlegung eines konkreten Wahlfehlers."
Parteienrechtlerin: "Kein Anspruch für Auslandsdeutsche, auf dem bequemsten Weg zu wählen"
Die Parteienrechtlerin Prof. Dr. Sophie Schönberger hält es für unwahrscheinlich, dass eine Wahlanfechtung aufgrund der Exklusion der Auslanddeutschen Erfolg haben könnte. "Ich sehe keinen Hebel für eine Verfassungsklage", sagt die Co-Direktorin des Düsseldorfer Universitätsinstituts für Parteienrecht gegenüber der Zeit.
Die Erschwernisse für viele Auslandsdeutsche seien eine sehr ärgerliche Folge der kurzen Frist zwischen Vertrauensfrage und Neuwahlen. Dennoch gebe es keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Briefwahl. Schönberger sieht keine Vorschrift im Wahlrecht, die zum Beispiel eine bestimmte Frist für die Zustellung von Briefwahlunterlagen vorschreibt. Auch Dr. Patrick Heinemann, der die Verfassungsmäßigkeit der Lage für Auslanddeutsche bereits vor Wochen in der LTO eingeschätzt hat, hält an seiner Einschätzung nach wie vor fest. Jedenfalls wegen der knappen Fristen hält er die Wahl für nicht angreifbar.
"Allen Auslandsdeutschen steht es ja frei, zur Wahl nach Deutschland zu kommen und ihre Stimme hier abzugeben. Ich weiß, das ist für viele utopisch, aber deshalb wird das Verfassungsgericht die Wahl nicht annullieren", ergänzt Schönberger ihre Einschätzung. "Jede Wählerin, jeder Wähler kann ja wählen, auch die im Ausland. Ich habe nur keinen Anspruch darauf, auf dem bequemsten Weg zu wählen. Das ist der Punkt."
Was das Ergebnis der Partei für die Gründerin Sahra Wagenknecht bedeutet, ließ diese noch offen. Vor der Wahl hatte Wagenknecht gesagt: "Die Wahl ist natürlich auch die Entscheidung über meine politische Zukunft. Wer nicht im Bundestag ist, ist in der deutschen Politik kein relevanter Faktor mehr."
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert: . In: Legal Tribune Online, 24.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56660 (abgerufen am: 21.04.2025 )
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