Die Bundesregierung will das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz nachbessern: Nutzer von großen sozialen Netzwerken wie etwa Facebook, Twitter und Youtube sollen rechtswidrige Inhalte schneller und einfacher melden können.
Nutzer von sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Instagram bekommen mehr Rechte - etwa wenn sie im Netz massiv attackiert werden. Dafür hat das Kabinett am Mittwoch eine Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) beschlossen, die von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) im Januar auf den Weg gebracht worden war.
Unter anderem sollen Nutzer leichter dagegen vorgehen können, wenn gemeldete Beiträge nicht gelöscht wurden. "Mit der Reform stärken wir die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke", so Lambrecht.
Das NetzDG, das seit Oktober 2017 in Kraft ist, verpflichtet Internet-Plattformen zu einem härteren Vorgehen gegen Hass, Hetze und Terror-Propaganda. Klar strafbare Inhalte müssen binnen 24 Stunden gelöscht werden, auf Nutzerbeschwerden soll nach spätestens 48 Stunden reagiert werden.
Zudem müssen die Unternehmen alle sechs Monate einen Bericht über ihren Umgang mit Beschwerden veröffentlichen.
Die Regeln hätten sich "grundsätzlich bewährt", heißt es im jetzt beschlossenen Gesetzentwurf, dem der Bundestag noch zustimmen muss. Die bisherigen Erfahrungen zeigten aber "gleichwohl, dass einige Regelungen fortentwickelt werden sollten".
Einfache Klickwege und Überprüfung von Entscheidungen
So sollen die Netzwerke für einfache Klickwege sorgen, damit Nutzer rechtswidrige Inhalte leichter melden können. "Wer im Netz bedroht und beleidigt wird, muss die Möglichkeit haben, dies dem sozialen Netzwerk einfach und unkompliziert anzuzeigen", betonte Lambrecht. Derzeit müsse man Links oder Screenshots teils händisch kopieren und an anderer Stelle wieder einfügen, erläuterte das Ministerium. Künftig sollen die Meldewege für jeden einfach zu bedienen sein - und zwar direkt von dem Post aus, der als rechtswidrig gemeldet werden soll.
Nicht alle von Nutzern gemeldeten Beiträge werden gelöscht, umgekehrt sind nicht alle Nutzer mit der Löschung ihrer eigenen Posts einverstanden. In beiden Fällen sollen sie künftig vom Netzwerk eine Überprüfung der Entscheidung verlangen können. Facebook, Twitter & Co. müssen dann begründen, warum sie einen Post gelöscht haben oder nicht.
Dazu wird ein sogenanntes "Gegenvorstellungsverfahren" eingeführt: Der Betroffene hat zwei Wochen Zeit, um die Überprüfung der Entscheidung zu verlangen, er muss seinen Antrag begründen. Das ist neu: Der ursprüngliche Entwurf des Justizministeriums hatte eine Frist von vier Wochen vorgesehen, eine Begründung wurde nicht ausdrücklich verlangt.
Wer sich vor Gericht gegen Bedrohungen oder Beleidigungen zur Wehr setzen will, soll die erforderlichen Daten künftig deutlich einfacher herausverlangen können als bisher. Die Netzwerke werden dazu verpflichtet, die Identität eines Beleidigers offenzulegen, wenn ein Gericht die Erlaubnis dafür gibt. Zudem werden die Vorgaben ergänzt, nach denen die Netzwerke ihre Transparenzberichte erstellen müssen.
Zudem sollen mit dem Änderungsgesetz auch europarechtliche Vorgaben umgesetzt werden. Dabei geht es um neue Vorgaben für Compliance-Vorschriften zum Schutz vor unzulässigen Inhalten bei Videosharingplattform-Diensten. Solche Plattformen seien teilweise bereits vom NetzDG umfasst, teilweise müssten aber Regelungen auch für kleinere und themenspezifischere Anbieter aufgenommen werden.
Bitkom: "Strickfehler" werden nicht beseitigt
Aus dem Kreis der Unternehmen wurde schon das ursprüngliche NetzDG kritisiert , weil es ihrer Auffassung nach staatliche Aufgaben wie die Durchsetzung des Rechts an internationale Konzerne überträgt. Das Justizministerium weist das zurück: Auch wenn die Anbieter einen möglicherweise strafbaren Inhalt erst einmal selbst prüfen sollten, seien es letztlich Gerichte, die die Fälle klärten und über Strafen entschieden.
Die Reform könne die "Strickfehler" des ursprünglichen Gesetzes nicht beseitigen, beklagte der Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom, Bernhard Rohleder. "Die neue Reform führt zu noch mehr Unsicherheiten und eben nicht zu mehr Transparenz." Unbestimmte Rechtsbegriffe und unklare Vorgaben zur Inhalte-Löschung würden nicht ausgeräumt.
"Problematisch ist auch die künftige Ungleichbehandlung von Videosharing-Plattformen und sozialen Netzwerken: Die Bundesregierung sieht für Videosharing-Anbieter das Herkunftsland in der Pflicht - für die sozialen Netzwerke jedoch nach wie vor das Zielland", so Rohleder.
Es ist nicht die einzige Neuerung, um gegen Hass im Netz vorzugehen. Bereits im Februar hatte sich die Bundesregierung auf das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität geeinigt, das der Bundestag inzwischen in den Rechtsausschuss überwiesen hat. Darin ist auch vorgesehen, die Netzwerk-Betreiber verpflichtet werden, bestimmte strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden. Das soll eine zügige Strafverfolgung ermöglichen.
dpa/aka/LTO-Redaktion
Bundesregierung beschließt Änderung des NetzDG: . In: Legal Tribune Online, 01.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41184 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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