Bundesrat stimmt Gewalthilfegesetz zu: "Geprü­gelt wird an allen Orten und durch alle Schichten"

14.02.2025

Ab 2032 sollen Frauen per Gesetz einen Anspruch auf Schutz vor Gewalt erhalten. Dafür will der Bund die Länder mit Milliarden unterstützen. Weil die Union das nicht wollte, bleiben trans Frauen oder von Gewalt betroffene Männer außen vor.

Nur wenige Frauenhausplätze und keine Garantie auf Schutz: So ergeht es von Gewalt betroffenen Frauen bisher. Künftig werden sie und ihre Kinder einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Der Bundesrat stimmte dem entsprechenden Gesetz am Freitag zu. Im Januar – und damit auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl – hatte der Bundestag noch den Weg für den Entwurf von Grünen und SPD geebnet.

Dieser kam mit Unterstützung der Union zustande. Die Zustimmung der Länderkammer sei "wahrlich ein historischer Moment", sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Sie betonte, dass wesentliche Forderungen der Länder berücksichtigt worden seien. Mehrere Ländervertreter kritisierten allerdings die finanzielle Unterstützung des Bundes als nicht ausreichend. Paus wies darauf hin, dass vorgesehen sei, die Kosten vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zu überprüfen.

Anspruch auf Hilfe, aber keinen auf Platz im Frauenhaus 

Mit dem Gesetz werden die Länder künftig dazu verpflichtet, ausreichend Schutz- und Beratungsangebote zu schaffen. Sie erhalten dafür vom Bund zwischen 2027 und 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro. Der Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung soll ab 1. Januar 2032 greifen.

Bislang können Betroffene von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt nur darauf hoffen, dass ihnen geholfen wird und genügend Kapazitäten, etwa in Frauenhäusern, vorhanden sind. Nun wird ein verbindliches Recht auf Betreuung festgelegt, das Betroffene künftig auch vor Verwaltungsgerichten einklagen können. Auch sollen betroffene Frauen künftig nicht mehr die Kosten für eine Unterbringung in einer Schutzeinrichtung tragen müssen. 

Der Rechtsanspruch sieht zwar ein Recht auf Hilfe vor, aber keinen Anspruch auf einen Platz in einem Frauenhaus. Das bedeutet, dass keine Einrichtung gezwungen sein wird, eine bestimmte Frau aufzunehmen. 

Gewalt gegen Frauen nimmt seit Jahren zu

Bedroht und geprügelt werde "an allen Orten und durch alle Schichten", sagte Paus. Nach dem aktuellsten polizeilichen Lagebild zur geschlechtsspezifischen Gewalt wurde 2023 fast jeden Tag eine Frau von einem Mann getötet, weil sie eine Frau ist. 400 Frauen pro Tag wurden Opfer von Partnerschaftsgewalt. 

Was die Statistik ebenfalls zeigt: In den vergangenen Jahren stiegen die Zahlen deutlich – und damit auch der Bedarf an Schutz. "Unsere bundesweit 350 Frauenhäuser und 100 Schutzwohnungen reichen nicht aus", erklärte Paus. Frauenhäuser und Beratungsstellen arbeiteten am Limit. "2022 mussten sie 15.000-mal Schutzsuchende abweisen. Es gibt also wahrlich dringenden Handlungsbedarf." 

Nach offiziellen Angaben fehlen in Deutschland mehr als 13.000 Plätze in Frauenhäusern – eine Lücke, die Frauenverbände seit Jahren beklagen.

"Gewalt zerstört Familien und Gewalt zerstört Kindheit", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Besonders schlimm sei: "Diese brutale Gewalt gegen Frauen und Kinder in unserem Land ist oft nicht sichtbar."

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) nannte das Gesetz überfällig. "Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftlicher Missstand, den wir nicht dulden dürfen und den wir womöglich zu lange geduldet haben." Für Bremens Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) stand fest: "Das vorliegende Gesetz wird Leben retten."

Rechtsanspruch soll nicht für Männer gelten

Ein Streitpunkt bei den schwierigen Verhandlungen über das Gesetz war unter anderem die Frage, ob der künftige Schutzanspruch auch trans Frauen und von Gewalt betroffene Männer umfassen solle. SPD und Grüne hatten sich dafür eingesetzt, die Union lehnte das ab und setzte sich damit letztlich durch.

Nach dem Plazet des Bundesrates kann das Gesetz nun ausgefertigt und verkündet werden. Es tritt zu einem großen Teil am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung tritt am 1. Januar 2032 in Kraft, um den Ländern die Gelegenheit zu geben, die Voraussetzungen für dessen Erfüllung zu schaffen.

In einer begleitenden Entschließung unterstützt der Bundesrat das Ziel, ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem für von Gewalt bedrohte Frauen und ihre Kinder zu schaffen. Bundesweit würden mehr Frauenhausplätze benötigt; auch die Fachberatung müsse weiter ausgebaut werden. Hierfür sei ein entschiedener Einsatz von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich. Der Bundesrat begrüßt die vorgesehene Finanzierung bis zum Jahr 2036, bittet die Bundesregierung jedoch, aus Gründen der Planungssicherheit die Finanzierung über das Jahr 2036 hinaus sicherzustellen.

hs/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Bundesrat stimmt Gewalthilfegesetz zu: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56602 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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