Der Bundesrat fordert weiter die Gleichstellung der Homo-Ehe. Der Verfassungsschutz nach dem NSU-Desaster wird reformiert, außerdem sollen männliche Küken am Leben bleiben und Verbraucher u.a. vor Kaffeefahrten geschützt werden.
Der Bundesrat hat einen Gesetzentwurf zur völligen Gleichstellung der sogenannten Homo-Ehe beschlossen. Der Entwurf, den die Länderkammer am Freitag mit den Stimmen rot-grüner, rot-roter und rot-rot-grüner Regierungen verabschiedete, wird nun in den Bundestag eingebracht. Damit ist jetzt die schwarz-rote Koalition im Bund am Zug. Die SPD ist auch hier für die Gleichstellung. In der Union gibt es aber erheblichen Widerstand.
Bereits vor der Sommerpause hatte der Bundesrat die große Koalition von Union und SPD aufgefordert, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften mit der traditionellen Ehe völlig gleichzustellen.
Verfassungsschutz-Zusammenarbeit wird neu geregelt
Als Konsequenz aus dem Ermittlungsdesaster im Fall der rechten Terrorzelle NSU wird die Arbeit der Verfassungsschützer in Bund und Ländern nun neu geordnet. Der Bundesrat ließ am Freitag eine lange diskutierte Reform dazu passieren.
Die Behörden werden damit zu einem intensiveren Informationsaustausch verpflichtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz bekommt mehr Befugnisse. Es soll die Zusammenarbeit der Ämter koordinieren und die Erkenntnisse zu wesentlichen Bereichen zentral auswerten. Bei gewaltorientierten Bestrebungen in den Ländern soll das Bundesamt im Zweifel selbst in die Beobachtung einsteigen können.
Für den Einsatz von V-Leuten - also Mitgliedern einer Szene, die dem Inlandsgeheimdienst regelmäßig Informationen liefern - werden im Gesetz erstmals Regeln und Grenzen festgelegt.
Die Reform ist eine Reaktion auf die Verfehlungen der Behörden im Fall NSU. Die Sicherheitsbehörden und auch der Verfassungsschutz waren dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) jahrelang nicht auf die Spur gekommen. Der rechten Gruppe werden zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Morde zur Last gelegt, an neun Männern aus Zuwandererfamilien und einer Polizistin. Ein Untersuchungsausschuss im Bundestag hatte gravierende Mängel bei der Arbeit der Verfassungsschutzämter im Fall NSU festgestellt. Informationen versandeten, Hinweise wurden übersehen oder ignoriert.
Bundesrat will Massen-Tötung von männlichen Küken verbieten
Außerdem will der Bundesrat die massenhafte Tötung von männlichen Küken verbieten. Dazu verabschiedete die Länderkammer am Freitag einen von Nordrhein-Westfalen vorgelegten Gesetzentwurf, der nun in den Bundestag eingebracht wird. Das Töten von Tieren aus rein ökonomischen Gründen soll laut Entwurf im Tierschutzgesetz untersagt werden. Eine bis Mitte 2017 laufende Übergangsfrist solle die Brütereien in die Lage versetzen, sich darauf einzustellen.
NRW-Agrarminister Johannes Remmel (Grüne) sagte in der Aussprache: "Tiere (...) sind keine Abfallprodukte." Es könne nicht sein, dass jährlich bundesweit 50 Millionen männliche Eintagsküken vergast und geschreddert würden.
Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) ist gegen ein Verbot. Ein solches "ohne Alternative würde die Geflügelhaltung jedoch lediglich ins Ausland verlagern." Er setzt auf die Forschung an einem neuartigen Verfahren, mit dem das Geschlecht der Küken schon vor dem Schlüpfen im Ei bestimmt werden kann. "Mein Ziel ist, dass das Töten männlicher Eintagsküken 2017 aufhört - daran arbeiten wir bereits intensiv", erklärte Schmidt am Freitag.
EU-weit ist es üblich, männliche Küken nach dem Schlüpfen zu töten. "Der Grund dafür ist, dass sie keine Eier legen können, aber auch nicht für die Mast geeignet sind, weil dafür nur speziell gezüchtete Tiere genutzt werden", heißt es in der Begründung des Antrages.
2/2: Bundesrat befürwortet Gentechnik-Anbauverbot auf Bundesebene
Des Weiteren hat sich der Bundesrat für ein bundesweit einheitliches Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen ausgesprochen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am Freitag verabschiedet.
Der Vorschlag von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), die Verantwortung für die Prüfung von Zulassungsanträgen für transgene Pflanzen den Ländern zu übertragen, würde zu einem rechtlichen "Flickenteppich" führen, begründete Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) die Entscheidung der Länderkammer.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesagrarministerium, Peter Bleser (CDU), betonte, auch sein Haus wolle den kommerziellen Anbau von Gentechnik-Pflanzen in Deutschland verhindern. Bleser warb vergeblich für einen Kompromissvorschlag, wonach sowohl der Bund als auch die Länder die Möglichkeit erhalten sollen, Anbauverbote zu erlassen.
Die sogenannte Opt-Out-Richtlinie der Europäischen Union vom vergangenen März gibt einzelnen Mitgliedstaaten die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen zu erlassen, die auf EU-Ebene zugelassen wurden.
Bundesrat will gegen unseriöse Kaffeefahrten vorgehen
Der Bundesrat beschloss außerdem eine Gesetzesinitiative, die unseriöse Kaffeefahrten verhindern soll. Diese Praxis stellte trotz breiter Aufklärung der Verbraucher einen Missstand dar, von dem insbesondere ältere Menschen betroffen seien, heißt es in der Begründung.
Schätzungen zufolge nähmen pro Jahr 4,5 bis 5 Millionen Deutsche an solchen Verkaufsveranstaltungen teil. Unter Verweis auf Medienberichte wird der Umsatz der Branche mit 500 Millionen Euro im Jahr angegeben. Dabei werde zum Teil mit aggressiven und irreführenden Verkaufsmethoden vorgegangen.
Besonders gute Geschäfte würden mit Produkten gemacht, die auf das gesteigerte Interesse an ausgewogener Ernährung und Gesundheit der Teilnehmer abzielten. Zunehmend würden auch Finanzdienstleistungen und Pauschalreisen mit erheblichen Schäden für die Verbraucher vertrieben. Außerdem werde eine Tendenz beobachtet, den Ort der Verkaufsveranstaltung ins Ausland zu verlagern und damit die gewerberechtliche Anzeigepflicht zu umgehen, heißt es weiter.
dpa/ahe/LTO-Redaktion
Am Freitag im Bundesrat: Homo-Ehe, Verfassungs-, Verbraucher- und Tierschutz . In: Legal Tribune Online, 25.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17018/ (abgerufen am: 24.04.2024 )
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