Bislang können Kronzeugen, die Kartelle in der Wirtschaft aufdecken, zwar von Bußgeldern verschont werden. Vor Schadensersatzforderungen sind sie aber nicht sicher. Dies möchte das Bundeskartellamt gerne ändern.
Das Bundeskartellamt (BKartA) möchte mehr Schutz für Unternehmen, die Kartelle in der Wirtschaft aufdecken und dafür die sogennannte Kronzeugenregelung in Anspruch nehmen. "Demjenigen oder derjenigen, der oder die als erster auspackt, sollten wir nicht nur die staatliche Strafe ganz oder weitgehend erlassen. Wir sollten dieses Unternehmen auch zum großen Teil oder ganz von Schadenersatzforderungen freistellen", sagte der Präsident der Wettbewerbsbehörde, Andreas Mundt, der Rheinischen Post (Montagsausgabe). Durch eine solche indirekte Stärkung der Kronzeugenregelung könnten Kartelle wieder häufiger geknackt werden.
Der Hintergrund: Aktuell können Unternehmen, die das BKArtA als erste über heimliche Absprachen informieren, zwar damit rechnen, von Bußgeldern des Kartellamts verschont zu werden. Dennoch drohen ihnen nach Abschluss des Kartellverfahrens häufig hohe Schadensersatzforderungen der Opfer der Kartellabsprachen. Das Konzeugenprogramm selbst ist in den §§ 81h bis 81n des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. In dessen § 33e sind zwar bereits gesetzliche Privilegierungen von Kronzeugen-Unternehmen gegenüber Schadensersatzklägerinnen und -klägern vorgesehen. Die gehen dem BKartA aber nicht weiter genug.
Im vergangenen Jahr verhängten die Wettbewerbshüterinnen und -hüter wegen verbotener Absprachen Bußgelder von insgesamt rund 105 Millionen Euro. Es ging unter anderem um Preisabsprachen bei Musikinstrumenten, Schulranzen und Unterhaltungselektronik. Betroffen waren aber auch Branchen wie die Edelstahlherstellung und Stahlschmieden. Die Höhe der verhängten Bußgelder fiel deutlich niedriger aus als in den Vorjahren. 2020 betrug die Summe noch 358 Millionen und 2019 sogar 848 Millionen Euro.
dpa/pdi/LTO-Redaktion
Bundeskartellamt: . In: Legal Tribune Online, 03.01.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47104 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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