BGH hebt Urteile der Vorinstanzen auf: Sch­näpp­chen­jäger kann doch in Deut­sch­land klagen

18.05.2021

Ein Fluggast buchte ein Schnäppchen auf der deutschen Homepage einer französischen Airline, die Fluggesellschaft stornierte den Flug aber. Er klagte auf Schadensersatz. Entgegen der Vorinstanzen hält der BGH deutsche Gerichte für zuständig.

Für den entgangenen Schnäppchenflug kann ein Fluggast doch vor deutschen Gerichten auf Schadensersatz klagen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 16. März 2021 (Az. X ZR 9/20) und hob die Urteile der Vorinstanzen auf.

Der Mann hatte für äußerst günstige 600 Euro ein Erste-Klasse-Ticket für einen Flug von San Francisco nach Paris sowie ein Business-Class-Ticket für den Weiterflug nach London gebucht. Aus dieser Schnäppchenreise wurde jedoch nichts, da die Fluggesellschaft die Buchung wegen eines Systemfehlers stornierte. Ein vergleichbares Ticket hätte zu diesem Zeitpunkt mehr als 10.000 Euro gekostet.

Die hiergegen gerichtete Schadensersatzklage des Mannes blieb sowohl vor dem Landgericht (LG) als auch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main erfolglos. Die Frankfurter Gerichte gingen dabei davon aus, dass sie schon gar nicht zuständig seien. Sie folgten der beklagten Fluggesellschaft Air France in ihrer Argumentation, dass es nicht auf den äußeren Eindruck ankomme, den Fluggäste bei ihrer Buchung gewinnen könnten. Aus dem Impressum von "airfrance.de" ginge dabei hervor, dass es eine Präsenz der Fluggesellschaft in Deutschland gebe. Gleichwohl betonte Air France, dass das Ticket im Internet ausgestellt worden sei und auch die Buchungsbestätigung keineswegs in Frankfurt vorgenommen worden sei. Reine Rechtsscheingesichtspunkte könnten die internationale Zuständigkeit jedenfalls nicht begründen, so das OLG.

Entgegen der Vorinstanzen hat der BGH nunmehr die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 7 Abs. 1 Nr. 5 Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (EuGVVO, auch "Brüssel Ia-VO") bejaht. Der X. Zivilsenat hat entschieden, dass die Frage nach der Zweigniederlassung im Einklang mit der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung am äußeren Eindruck zu entscheiden sei. Wesentlich hierfür seien das Impressum, die Endung ".de", die Eigenbezeichung als "Air France in Deutschland" sowie der Hinweis auf dem elektronischen Ticket, welches dem klagenden Fluggast zunächst ausgestellt wurde.

Ob der Mann tatsächlich Schadensersatz für die entgangene Reise bekommt, wird jetzt das LG Frankfurt zu klären haben. Der BGH entschied nur über die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte; die Begründetheit der Klage wird das Gericht erster Instanz beurteilen.

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH hebt Urteile der Vorinstanzen auf: . In: Legal Tribune Online, 18.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44988 (abgerufen am: 10.10.2024 )

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