Nach "Bürgerdialog" mit Kanzlerin: Schülerin Reem hat gute Chancen, bleiben zu dürfen

17.07.2015

Die Bundes-Migrationsbeauftragte Aydan Özoguz sieht gute Chancen, dass das palästinensische Mädchen Reem nach dem hochemotionalen "Bürgerdialog" mit Kanzlerin Angela Merkel in Deutschland bleiben darf.

"Ich kenne natürlich nicht die persönlichen Umstände des Mädchens, aber sie spricht perfekt Deutsch und lebt offenbar schon länger hier. Genau für diese Lebenslagen haben wir gerade das Gesetz geändert, damit hier integrierte Jugendliche eine Perspektive bei uns bekommen", sagte die SPD-Politikerin Özoguz zu Spiegel Online.

Die 14-jährige, palästinensische Schülerin, die eine Schule für körperlich Behinderte besucht, hatte am Mittwoch in Rostock bei einer Veranstaltung in der von der Regierung gestarteten Gesprächsreihe "Gut leben in Deutschland" über die Belastungen während eines Asylverfahrens berichtet. Jüngst habe die Familie vor der Abschiebung gestanden und nun lediglich eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung, sagte Reem.

Merkel äußerte Verständnis, verwies aber auf die deutschen Gesetze, die für alle Flüchtlinge gälten. Die Kanzlerin und CDU-Chefin machte deutlich, dass Deutschland nicht alle Menschen aufnehmen könne, die sich hier ein besseres Leben erhofften. Daraufhin brach Reem in Tränen aus. Merkel versuchte, das Mädchen zu trösten und streichelte sie. Schon bald machte in den sozialen Netzwerken unter dem hashtag #merkelstreichelt Spott und Kritik über das angeblich wenig einfühlsame Verhalten der Kanzlerin die Runde, zahlreiche Medien weltweit berichteten - der PR-Gau war perfekt.

Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) sagte am Freitag: "Diese Familie, und das gilt auch für weitere vergleichbare Fälle, wird bis auf weiteres von der Hansestadt Rostock keinen Ausweisungsbescheid übergeben bekommen." Er sehe eine humanitäre Verantwortung, die sich auch in der Gesetzgebung widerspiegeln müsse. "Da ist ja aktuell viel im Fluss."

Reform soll integrierten Familien helfen

Eine umfassende Reform des Aufenthaltsgesetzes hatte vor einer Woche den Bundesrat passiert: Ausländer, die bislang nur geduldet sind, dürfen in Zukunft längerfristig in Deutschland bleiben, wenn sie schon seit einigen Jahren hier leben (grundsätzlich acht Jahre, Menschen mit minderjährigem Kind sechs Jahre), die Sprache gut beherrschen und ihren Lebensunterhalt selbst sichern können.
Menschen, die keinerlei Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht haben, sollen dagegen schneller als bisher abgeschoben werden.

Das Gesetz muss noch von Bundespräsident Joachim Gauck unterschrieben werden, um in Kraft zu treten. Ein Regierungssprecher sagte, für den Status gut integrierter Jugendlicher und Heranwachsender habe das neue Gesetz positive Folgen: "Schon bei vier Jahren erfolgreichen Schulbesuchs in Deutschland bestehen künftig gute Aussichten auf ein Bleiberecht."

In Deutschland leben derzeit mehr als 125.000 Geduldete - also Menschen, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, die aus verschiedenen Gründen aber nicht abgeschoben werden. Nach Schätzungen könnten mehrere Zehntausend Menschen von der neuen Bleiberechtsregelung profitieren. Junge Ausländer ohne Aufenthaltstitel haben Aussicht auf eine verlängerte Duldung, wenn sie in Deutschland eine Ausbildung machen.

Özoguz warb für eine offene Zuwanderungskultur: "Niemand in Deutschland hat ein Interesse daran, lange bei uns lebende Menschen noch wegzuschicken. Genau daran arbeiten wir doch gerade so hart, damit junge und gut integrierte Menschen eine echte Chance bekommen."

dpa/mbr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Nach "Bürgerdialog" mit Kanzlerin: Schülerin Reem hat gute Chancen, bleiben zu dürfen . In: Legal Tribune Online, 17.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16281/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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