Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist bei der Bundestagswahl sehr knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert. Vor dem Bundesverfassungsgericht will die Partei jetzt eine Neuauszählung erreichen.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zieht nach dem knapp verpassten Einzug in den Bundestag vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), um eine neue Auszählung der Wählerstimmen zu erreichen. Eine BSW-Sprecherin bestätigte der dpa einen entsprechenden Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Antrag sei heute in Karlsruhe eingereicht worden, sagte sie. Im Laufe der Woche sollen weitere Klagen folgen, so das BSW. Schon unmittelbar nach der Wahl hatte das BSW eine entsprechende Prüfung angekündigt.
Das BVerfG bestätigte der dpa den Eingang einer entsprechenden Verfassungsbeschwerde mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die Wagenknecht-Partei hatte nach dem vorläufigen Endergebnis bei der Bundestagswahl am 23. Februar bundesweit rund 4,972 Prozent der Zweitstimmen erhalten und war damit knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert. Nach Angaben der Partei fehlten etwa 13.400 Stimmen. Seither ergaben einzelne Nachzählungen an mehreren Orten, dass offenbar einige Stimmen falsch zugeordnet wurden. Große Verschiebungen der Stimmverhältnisse wurden aber nicht bekannt.
BSW-Vertreter Degenhart: "Umfassende Überprüfung noch vor Feststellung des Endergebnisses"
Parteigründerin Sahra Wagenknecht sagte, eine Partei dürfe nur dann an der Fünfprozenthürde scheitern, wenn ausgeschlossen werden könne, dass sie von fünf Prozent der Wähler gewählt worden sei. Schon jetzt hätten "relativ viele Fehler" aufgrund von Hinweisen der Partei korrigiert werden müssen, sagte Wagenknecht. Dabei bezieht sie sich auf eine Neuauszählung in zwölf Berliner Wahllokalen, bei der zwei zusätzliche BSW-Stimmen gefunden worden seien. "Hochgerechnet auf alle Wahllokale wäre das BSW bei einer solchen Abweichung im Bundestag", sagte Wagenknecht. Ihre Sprecherin ergänzte, nach Berechnungen der Partei gebe es "eine realistische Chance, dass wir bei einer bundesweiten Neuauszählung die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten".
"Der Respekt vor den Wählern gebietet es, mögliche Fehler genau zu prüfen und zu korrigieren", sagte die BSW-Chefin. Das funktioniere nur, "wenn vor Feststellung des amtlichen Endergebnisses eine bundesweite Neuauszählung erfolgt".
Der Staatsrechtler Christoph Degenhart, einer der Rechtsvertreter des BSW, erklärte: "Der äußerst knappe Wahlausgang zu Lasten des BSW macht eine umfassende Überprüfung des Wahlvorgangs noch vor Feststellung des amtlichen Endergebnisses erforderlich. Andernfalls drohen Rechtsverluste, eine Schwächung demokratischer Legitimation und die Missachtung des Wählerwillens." Das Endergebnis will der Bundeswahlausschuss bereits am kommenden Freitag feststellen.
Substantiierte Darlegung eines Wahlfehlers erforderlich
Nach Feststellung des amtlichen Endergebnisses könnten nur noch Einspruch und nötigenfalls Wahlprüfungsbeschwerde erhoben werden. Verfassungsrechtler Uwe Lipinski, wie Degenhart für das BSW aktiv, ergänzte: "Würde kein Eilrechtsschutz gewährt werden, wäre eine Korrektur des Wahlergebnisses mitten in der neuen Wahlperiode höchst wahrscheinlich, spätestens dann im Rahmen einer Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht."
Jedenfalls genügt der bloße Hinweis auf ein knappes Wahlresultat nicht, "um im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens eine Nachzählung anzuordnen und durchzuführen. Hierfür bedarf es einer substantiierten Darlegung eines konkreten Wahlfehlers", sagte Verfassungsrechtlerin Dr. Roya Sangi bereits am Tag nach der Wahl gegenüber LTO.
Für die erst Anfang 2024 gegründete Partei ist der Einzug in den Bundestag politisch von höchster Bedeutung. Doch auch die Mehrheitsverhältnisse im Parlament könnten betroffen sein: Sollte das BSW Erfolg haben und doch noch in den Bundestag kommen, hätte eine Zweier-Koalition von Union und SPD womöglich keine Mehrheit mehr.
jb/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert: . In: Legal Tribune Online, 11.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56773 (abgerufen am: 18.03.2025 )
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