Eine Frau, die von zu Hause aus gearbeitet hat, stürzte auf dem Weg in die Küche. Die Unfallkasse wollte den Schaden nicht übernehmen. Muss sie auch nicht, entschied das BSG. Wasser holen sei eine typisch eigenwirtschaftliche Tätigkeit.
Für Beschäftigte in einem Home Office besteht kein Unfallversicherungsschutz, sofern sie sich zum Zweck der Nahrungsaufnahme innerhalb ihrer Wohnung bewegen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden (Urt. v. 05.07.2016, Az. B 2 U 5/15 R).
Die Klägerin arbeitete aufgrund einer Dienstvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber in einem gesonderten Raum im Dachgeschoss ihrer Wohnung an einem Telearbeitsplatz. Sie verließ den Arbeitsraum, um sich in der Küche, die einen Stock tiefer lag, Wasser zu holen. Dabei rutschte sie auf der in das Erdgeschoss führenden Treppe aus und verletzte sich. Die beklagte Unfallkasse hat das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint, das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hatte die Unfallkasse hingegen verurteilt, den Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Das BSG hat nun das erstinstanzliche Urteil wieder hergestellt und entschieden, dass kein Arbeitsunfall vorlag. Die Frau habe sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem Betriebsweg befunden. Sie sei auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Küche und damit in den persönlichen Lebensbereich ausgerutscht. Diesen Weg habe sie nicht zurückgelegt, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um Wasser zum Trinken zu holen. Damit sei sie einer typischen eigenwirtschaftlichen, nicht versicherten Tätigkeit nachgegangen, entschieden die Kasseler Richter.
Unfallversicherung hat keine Kontrolle über Gefahren in Privatwohnung
Anders als Beschäftigte in Betriebsstätten außerhalb der eigenen Wohnung unterliege die Frau dabei keinen betrieblichen Vorgaben oder Zwängen. Zwar führe die arbeitsrechtliche Vereinbarung von Arbeit in einem Home Office zu einer Verlagerung von dem Unternehmen dienenden Verrichtungen in den häuslichen Bereich. Eine betrieblichen Interessen dienende Arbeit "zu Hause" nehme einer Wohnung aber nicht den Charakter der privaten, nicht versicherten Lebenssphäre. Die der privaten Wohnung innewohnenden Risiken habe auch nicht der Arbeitgeber, sondern der Versicherte selbst zu verantworten.
Den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung sei es außerhalb der Betriebsstätten der ihnen angehörigen Arbeitgeber kaum möglich, präventive gefahrenreduzierende Maßnahmen zu ergreifen. Daher sei es sachgerecht, das vom häuslichen und damit persönlichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko den Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung, die die Unternehmerhaftung ablösen soll, zuzurechnen.
acr/LTO-Redaktion
BSG zu Unfall im Home Office: . In: Legal Tribune Online, 05.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19887 (abgerufen am: 08.11.2024 )
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