Knapp zwölf Jahre, nachdem der Göttinger Transplantationsskandal aufgeflogen ist, steht fest: Die Krankenkasse muss das behandelnde Klinikum für die Transplantation bezahlen, auch wenn die Organspendeliste manipuliert worden war.
Die Krankenkasse muss für medizinisch notwendige Behandlungen wie eine Transplantation auch dann zahlen, wenn falsche Angaben an Eurotransplant, die Vergabestelle für Organstransplantationen, weitergegeben wurden. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, nachdem sich bereits das Landessozialgericht (LSG) in Celle mit dem Fall befasst hatte.
Hintergrund des Falls ist der sogenannte Göttinger Organspendeskandal, der bundesweit Schlagzeilen gemacht hatte. Der Leiter des behandelnden Klinikums in Göttingen hatte die Wartelisten manipuliert und einige Personen so weiter nach oben auf der Warteliste verfrachtet, sodass sie schneller an ein Spenderorgan gekommen sind. Straf- und zivilrechtlich ist der Fall geklärt, auf sozialrechtlicher Ebene verlangte aber nun zusätzlich die Krankenkasse das Geld für die Operation zurück, die aufgrund der falschen Angaben vorgenommen worden war.
Der Vergütungsanspruch des Klinikums besteht aber trotz der Manipulation, hat das BSG nun entschieden (Urt. v. 07.03.2023, Az. B 1 KR 3/22 R). Es stehe der Krankenkasse nicht zu, das gezahlte Geld für die vorgenommene Operation zurückzufordern. Unabhängig von den zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen für den Klinikumsleiter stehe fest, dass die durchgeführten Organtransplantationen medizinisch indiziert und einwandfrei durchgeführt worden waren.
Vertrauen zwar erschüttert, Operation aber ordnungsgemäß durchgeführt
Verletzt hingegen habe der Mann nur die Regelungen zur Meldung für die Organzuteilung. Diese Regelungen spielten aber für den Vergütungsanspruch keine Rolle, erklärte das BSG. Die Vorschriften über die Organverteilung und die damit verbundenen Meldepflichten hätten keine qualitätssichernde Zielrichtung für die Transplantation. Sie dienten lediglich der Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit. Ihre Einhaltung sei aber keine Voraussetzung für die Zahlung der Vergütung.
Das BSG betonte ausdrücklich, dass es erkannt habe, dass das Vertrauen in ein gerechtes Verteilungssystem für Spenderorgane durch die Manipulationen nachhaltig beschädigt worden sei. Trotzdem könne der Fall auf sozialrechtlicher Ebene nicht anders bewertet werden.
Um Falschmeldungen gegenüber Eurotransplant zu unterbinden, habe der Gesetzgeber in der Folge des Transplantationsskandals 2013 einen Straftatbestand geschaffen. Die Transplantation, die im Zusammenhang mit der Falschmeldung erfolgt sind, seien nach dem neuen Gesetz aber nicht verboten gewesen, schloss das Gericht.
cp/LTO-Redaktion
BSG zum Göttinger Transplantationsskandal: . In: Legal Tribune Online, 08.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51259 (abgerufen am: 12.11.2024 )
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