Der kurze Weg zur Kaffeemaschine wurde ihr zum Verhängnis. Eine Angestellte stürzte im Büro und verletzte sich. Ihr Fall landete nun vor dem Bundessozialgericht. Ist Kaffeeholen ein Arbeitsunfall? Das Gericht sagt: Es kommt darauf an:
Holt man sich einen Kaffee bei der Arbeit, so sei dies grundsätzlich nicht unfallversichert. Dies entschied das Bundessozialgericht (BSG), (Urt.v.24.09.2025, Az. B 2 U 11/23 R). Doch hiervon gäbe es auch Ausnahmen, wie im Fall, der am Mittwoch in Kassel entschieden wurde.
Die Frau, die gegen die Unfallkasse Hessen geklagt hatte, ist Verwaltungsangestellte bei einem Finanzamt in Hessen. Wie jeden Nachmittag gegen 15:30 Uhr ging sie auch im Februar 2021 zum Kaffeeautomaten im Sozialraum. Dort stürzte sie, weil der Boden frisch gewischt war und brach sich einen Lendenwirbel.
Kaffee als Genussmittel
Die erste Instanz am Sozialgericht urteilte noch, dass kein Arbeitsunfall vorliegen würde. Dem widersprach das Landessozialgericht.
Das BSG betonte jetzt, dass im Gegensatz zum Mittagessen Kaffeeholen und Kaffeetrinken “eigenwirtschaftliche Verrichtungen” des Arbeitnehmers seien. Kaffee als Genussmittel trage nicht zur stabilen Leistungsfähigkeit bei, anders als Mineralwasser oder der Lunch. Dies könne anders bewertet werden, wenn der Kaffee unbedingt notwendig gewesen sei, um die Arbeit fortsetzen zu können. Im Fall der Verwaltungsangestellten sei es jedoch die Macht der Gewohnheit gewesen, die sie zum Kaffeeholen bewegte.
Besondere Betriebsgefahren
Jedoch stürzte die Arbeitnehmerin wegen einer “besonderen betrieblichen Gefahr”, was das Ganze doch zum Arbeitsunfall mache. Beschäftigte seien bei Tätigkeiten unfallversichert, die in direktem Zusammenhang zur Eingliederung in den Betrieb stehen. Geschieht der Unfall also nur, weil man im Büro ist und arbeitet, dann liege ein Arbeitsunfall vor. Der Sozialraum, in dem die Angestellte stürzte, sei vom Arbeitgeber speziell dazu bestimmt gewesen, dass Angestellte dort ihre Getränke holen könnten. Es falle also in die Verantwortung des Arbeitgebers, wenn dieser Raum frisch gewischt war und dort dann ein Unfall passiert. Dies sei beispielsweise bei der Tür zur Kantine oder zum Supermarkt in der Regel anders. Dort würde der Versicherungsschutz enden, weil diese Räume nicht mehr zum Bereich des Arbeitgebers zählen würden.
Wer im Betrieb also dem Kaffeeduft folgt, ist nicht automatisch unfallversichert. Realisiere sich jedoch die Gefahr der Arbeitstätigkeit im Betrieb, wie der frisch gewischte Boden im Sozialraum, dann müsse die Unfallversicherung einstehen.
Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt urteilte in einem anderen Fall ähnlich (Urt.v.22.05.2025, Az.L 6 U 45/23): Dort verschluckte sich ein Bauarbeiter an seinem Kaffee in einer Besprechung und stürzte. Den Kaffee stellte der Arbeitgeber selbst zur Verfügung und auch die Besprechung wurde betrieblich angeordnet. Deshalb wertete das LSG den Fall ebenfalls als Arbeitsunfall.
sj/LTO-Redaktion
BSG zur Frage des Arbeitsunfalls beim Kaffeeholen: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58234 (abgerufen am: 14.11.2025 )
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