Es ist noch immer der dritthöchste Stand seit 2001, aber die Zahl politisch motivierter Straftaten geht immerhin im zweiten Jahr in Folge zurück. Es gab nur halb so viele religiös motivierte Straftaten wie 2017, die rechtsmotivierten Straftaten aber werden nicht weniger.
"Kein Grund zur Entwarnung" sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Vorstellung der Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) in Deutschland 2018. Diese bewegten sich "weiterhin auf hohem Niveau. Wir haben allen Grund, wachsam zu bleiben."
Gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, stellte Seehofer am Dienstag in Berlin die Fallzahlen für das Jahr 2018 vor. Die gute Nachricht: Zum zweiten Mal in Folge sanken diese im vergangenen Jahr. Die schlechte gleich hinterher: Es waren immer noch 36.062 politisch motivierte Straftaten, was den dritthöchsten Stand seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 2001 bedeutet. Nach dem "Spitzenjahr" 2016 befindet sich die Bundesrepublik anscheinend in einer Art Normalisierungsvorgang.
Den mit weitem Abstand größten Anteil an den Straftaten hat weiterhin der Phänomenbereich Rechts - also Straftaten mit politisch rechtem Hintergrund - mit 20.431 registrierten Taten. Damit bewegte sich der Wert in etwa auf Vorjahresniveau (2017: 20.520), nahm also nicht nennenswert ab. Die Zahl der Gewaltdelikte darunter stieg sogar, nach einem deutlichen Rückgang zuvor, wieder um 2,3 Prozent an. Deutlich zurück gingen dagegen die Angriffe auf Asylbewerberheime, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise für viel Wirbel gesorgt hatten. Dort verzeichnete man gegenüber 2017 einen Rückgang von 312 auf 173 Straftaten. "Die Zahl der Übergriffe auf Flüchtlinge ist gesunken. Besonders deutlich wird dies bei den Angriffen auf Asylunterkünfte: Hatten wir im Jahr 2016 noch 995 Angriffe, waren es im Jahr 2018 nur noch 173, also ein Rückgang um über 80 Prozent in zwei Jahren.", erklärte Seehofer.
Rechte Straftaten gehen kaum zurück
Einen deutlichen Rückgang gibt es auch bei linksmotivierten Straftaten. Hier waren es 2018 mit 7.961 Taten 18 Prozent weniger als im Vorjahr. Ein großer Teil davon ereignete sich offenbar im Zusammenhang mit den Protesten von Klimaaktivisten im Hambacher Forst, die dem linken Phänomenbereich zugeordnet wurden.
Im Phänomenbereich "Ausländische Ideologie" spielten Straftaten mit Türkeibezug die Hauptrolle. Grund dafür war nach Darstellung des BKA die türkische Militäroffensive gegen die Kurden im syrischen Afrin. In diesem Zusammenhang kam es in Deutschland vermehrt zu Demonstrationen, auf denen versammlungstypische Straftaten - bspw. Verstöße gegen das Vermummungsverbot - begangen worden seien. Seehofer bezeichnete Deutschland in diesem Zusammenhang als "Resonanzboden von Konflikten in der Welt, insbesondere in den Krisenregionen im Mittleren und Nahen Osten". Man werde daher "weiterhin alles tun, damit ausländische terroristische oder extremistische Organisationen Deutschland nicht als Aktionsfeld nutzen." Das gelte "auch und gerade für die PKK", die kurdische Arbeiterpartei, die in Deutschland als terroristische Organisation eingestuft ist.
Der davon getrennte Bereich der religiösen Ideologie, in dem sich schwerpunktmäßig islamistische Straftaten finden, ging um die Hälfte zurück. Hier fanden sich 2018 nur noch 586 statt zuvor 1.012 Straftaten.
BKA-Präsident Münch äußerte in seinem Fazit Besorgnis über die weiterhin hohe politisch motivierte Kriminalität in Deutschland und legte dabei ein besonderes Augenmerk auf den in den vergangenen Jahren aufkeimenden Rassismus: "Besorgniserregend ist vor allem der Anstieg von Gewaltdelikten und Propagandadelikten in den Bereichen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Darum werden wir weiterhin und über alle Phänomenbereiche hinweg hochsensibel bleiben und in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, politische Tathintergründe zu enttarnen und aufzuklären."
BMI stellt Fallzahlen zu politischen Straftaten vor: . In: Legal Tribune Online, 14.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35381 (abgerufen am: 05.10.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag