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Bundeslandwirtschaftsministerium: Ver­ord­nung erleich­tert For­schung an Kon­sum­c­annabis

von Hasso Suliak

11.12.2024

Cannabis im Labor

Bei der Forschung geht es unter anderem um besseren Jugendschutz und einer stärkeren Zurückdrängung des Schwarzmarktes. Foto: kitreel - stock.adobe.com

Es gab Zweifel, ob Landwirtschaftsminister Özdemir diese Aufgabe noch anpacken würde, jetzt gab es grünes Licht: Der grüne Minister unterzeichnete eine Verordnung, die Kommunen, Unis und Unternehmen die Forschung mit Cannabis ermöglicht.

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Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wird künftig zuständige Behörde, um Forschungsanträge im Bereich Konsumcannabis und Nutzhanf zu prüfen und die Forschungsprojekte zu begleiten. Das regelt eine Verordnung, die der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), am Dienstag unterzeichnet hat. Wissenschaftliche Einrichtungen und Unternehmen können nach Veröffentlichung der Verordnung im Bundesgesetzblatt Anträge für entsprechende Projekte bei der BLE einreichen.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) teilte am Mittwoch mit, dass die nun erlassene Konsumcannabis-Wissenschafts-Zuständigkeitsverordnung der BLE ermöglicht, im Zusammenhang mit Cannabis stehende Forschungsanträge zu prüfen und die genehmigten Projekte zu überwachen. Zuvor lag diese Aufgabe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Das BfArM bleibt laut BEL zuständige Behörde für Forschung mit medizinischem Cannabis.

Forschung an und mit Konsumcannabis sei ab jetzt wieder möglich, aber erlaubnispflichtig, teilte das Ministerium mit. "Die Antragstellerinnen und Antragsteller müssen die im Konsumcannabisgesetz vorgegebenen Kriterien erfüllen, die vorgeschriebene Sachkenntnis nachweisen und das Forschungsinteresse belegen. Nicht nur Hochschulen, auch Unternehmen können Forschungsanträge stellen. Forschung kann dazu beitragen, den Schwarzmarkt effektiv einzudämmen, die gesundheitliche Prävention auszubauen und die Debatte zu versachlichen."

Interesse in zahlreichen Kommunen und Hochschulen

Wie das Ministerium erläuterte, hätten zahlreiche Kommunen, Universitäten, Fachhochschulen und Unternehmen Interesse an der Bearbeitung von Forschungsfragen mit Bezug zu Konsumcannabis geäußert. Im Zentrum dieser Forschungsprojekte stünden dabei Fragen nach einem besseren Jugendschutz, einer stärkeren Zurückdrängung des Schwarzmarktes und der organisierten Kriminalität sowie einer Steigerung des Verbraucherschutzes durch risikoärmere Konsumformen.

Laut BMEL müssen die Anträge die rechtlichen Anforderungen gemäß § 2 Abs. 4 Konsumcannabisgesetz erfüllen. Die Norm enthält auch die Rechtsgrundlage für die neue Verordnung und verweist darauf, dass die Erlaubnis unter anderem zum Anbau, Besitz und Weitergabe von Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken "nur in Ausnahmefällen und nur an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben", erteilt werden darf. Auch seien insbesondere die Verweise auf die Anforderungen gemäß dem Medizinalcannabisgesetz sorgfältig zu berücksichtigen.

Berliner Bezirke kündigen Fachgeschäfte an

Am Mittwoch wurde bekannt, dass rund ein Jahr nach der Teillegalisierung von Cannabis etwa die Berliner Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln den Verkauf von Cannabis über mehrere Fachgeschäfte beginnen lassen. Möglich werden soll das über ein Modellprojekt, das wissenschaftlich begleitet wird und im nächsten Sommer starten soll. Kunden, die Cannabis kaufen wollen, müssen an der wissenschaftlichen Studie teilnehmen und sich registrieren lassen, kündigten die Bezirke an.

Den Verkauf organisiert eine Firma, die das Cannabis bei legalen Produzenten in Deutschland oder im Ausland einkauft und es in den Fachgeschäften an die registrierten Konsumenten weiterverkauft. Der Preis solle dem des illegalen Verkaufs entsprechen, also neun bis zwölf Euro pro Gramm, hieß es. Zugleich sei aber die Qualität deutlich besser.

Mindestens 2.000 registrierte Cannabis-Konsumenten brauche man für die Studie, sagte Professor Christian Ulrichs von der Humboldt-Uni. Es könnten aber auch deutlich mehr sein. Mit dem Verkauf über offizielle Geschäfte wolle man mehrere Ziele erreichen, sagten die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Grüne), der Neuköllner Gesundheits-Stadtrat Hannes Rehfeldt (CDU) und Finn Hänsel von Sanity Group.

Nicht zu verwechseln mit “Säule-2”

Nicht zu verwechseln ist die neue Verordnung aus dem Hause Özdemir mit der bislang nur angekündigten "Säule-2" des Ampel-Cannabis-Vorhabens, wie das BMEL klarstellte. Die Verordnung nach § 2 Abs. 4 KCanG regele ausschließlich den wissenschaftlichen Umgang mit Konsumcannabis. "Die 'zweite Säule' sollte in einem umfassenden und detaillierten Gesetz bundesweit Cannabisfachgeschäfte erproben. Zuständig für die Erarbeitung eines solchen Gesetzentwurfs ist das Bundesministerium für Gesundheit. Zu rechnen ist damit in dieser Legislatur nicht mehr.

Seitens von Unternehmen gab es am Mittwoch erste positive Reaktionen auf den Schritt des BMEL: "Die neuen Rahmenbedingungen erlauben praxisnahe Studien zur kontrollierten Abgabe von Cannabis. So kann auf wissenschaftlicher Grundlage ein sicheres und verantwortungsvolles Abgabesystem für Konsumcannabis entwickelt und umgesetzt werden. Damit können der Schwarzmarkt reduziert und der Jugend- sowie Gesundheitsschutz gestärkt werden", erklärte der Geschäftsführer der Firma DEMECAN, Dr. Constantin von der Groeben. Das Unternehmen gilt als größte deutscher Hersteller für medizinisches Cannabis mit Sitz in Sachsen. DEMECAN erhielt bereits 2019 den staatlichen Auftrag zum Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland und im Juli 2024 als erstes deutsches Unternehmen auch eine Anbauerlaubnis nach dem neuen Medizinalcannabisgesetz.

Auch der Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW) begrüßte die neue Verordnung: “Wir freuen uns sehr, dass dieser wichtige Schritt erfolgte. Durch verschiedene Forschungsprojekte wird eine neue Bandbreite an Kenntnissen ermöglicht, wie eine zukünftige, bestmögliche Regulierung des Genusscannabismarktes aussehen kann. Das ist ein wesentlicher Beitrag, um mittel- bis langfristig den Schwarzmarkt deutlich zurück zu drängen”, so Dirk Heitepriem, Präsident des Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V. (BvCW). 

Antworten auf die wichtigsten Fragen zur neuen Veordnung hat das BMEL hier zusammengetragen.

Mit Material von dpa

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Bundeslandwirtschaftsministerium: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56089 (abgerufen am: 17.05.2025 )

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