Sachmängel, deren Beseitigung Aufwendungen von lediglich knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, sind als unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen und rechtfertigen daher nicht den Rücktritt vom Kaufvertrag. Nach einem Urteil des BGH vom Mittwoch gilt dies auch für Fahrzeuge der Luxusklasse und auch dann, wenn zuvor bereits mehrere andere Mängel behoben wurden.
Auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung komme es nur dann entscheidend an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt sei, so der Bundesgerichtshof (BGH). Im streitentscheidenden Fall lägen diese Voraussetzungen nicht vor (Urt. v. 29.06.2011, Az. VIII ZR 202/10).
Der Käufer eines etwa 135.000 Euro teuren Wohnmobils erklärte nach viermaliger Nachbesserung des Fahrzeugs in der Werkstatt des Verkäufers den Rücktritt vom Kaufvertrag. Im Anschluss klagte er - unter Anrechnung der Nutzungsvorteile - auf Zahlung von etwa 128.000 Euro Zug um Zug gegen Herausgabe des Wohnmobils, die Erstattung der Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzugs des Verkäufers mit der Rücknahme des Fahrzeugs.
Die erste Instanz hatte der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung des Verkäufers und des Fahrzeugherstellers, der dem Rechtsstreit beigetreten war, hatte das Oberlandesgericht weitgehend zurückgewiesen. Zur Begründung hatten die Richter ausgeführt, dass im Hinblick auf den bereits viermaligen Werkstattaufenthalt ein erheblicher Mangel vorliege, obwohl die Kosten zur Beseitigung der noch vorliegenden Mängel lediglich knapp ein Prozent des Kaufpreises betrügen.
Mehrfache Nachbesserung unerheblich
Die hiergegen gerichtete Revision des Fahrzeugherstellers hatte Erfolg. Nach Ansicht des VIII. Zivilsenats sei es unerheblich, dass der Kaufgegenstand vor der Rücktrittserklärung bereits mehrfach nachgebessert wurde. Die Erheblichkeit eines bestehenden Mangels habe nichts damit zu tun, in welchem Umfang der Verkäufer zuvor andere Mängel beseitigt habe.
tko/LTO-Redaktion
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BGH zur Unerheblichkeit des Sachmangels: . In: Legal Tribune Online, 29.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3622 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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