Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind deutsche Gerichte nur dann international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweisen. Dies entschied der BGH am Dienstag und wies damit die Revision eines russischen Klägers zurück.
Bereits aus dem Inhalt der angegriffenen Äußerung müsse sich ein deutlicher Inlandsbezug herleiten lassen (Urt. v. 29.03.2001, Az. VI ZR 111/10).
Der Kläger ist russischer Geschäftsmann. Er hat neben einer Wohnung in Moskau auch einen Wohnsitz in Deutschland. Die Beklagte, die zusammen mit dem Kläger die Schule in Moskau besucht hat, lebt inzwischen in den USA. Die Parteien begegneten sich bei einem Klassentreffen mit weiteren in Russland verbliebenen Mitschülern in der Wohnung des Klägers in Moskau. Danach veröffentlichte die Beklagte von den USA aus einen in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefassten Bericht über das Internetportal www.womanineurope.com, das von einem Anbieter mit Sitz in Deutschland betrieben wird. In dem Bericht äußert sie sich unter anderem über die Lebensumstände und das äußere Erscheinungsbild des Klägers.
Dieser begehrte darauf die Unterlassung mehrerer Äußerungen, Geldentschädigung und Auskunft über den Zeitraum und die Internetadressen, über welche die zu unterlassenden Äußerungen abrufbar waren. Beide Vorinstanzen hatten die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen.
Der VI.Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) stellte fest, dass deutsche Gerichte international zuständig sind, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinn aufweisen. Dafür müsse eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten oder aber möglich sein.
Für den zugrundeliegenden Fall verneinten die Richter dies: Die in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefasste Reisebeschreibung schildere ein privates Zusammentreffen der Parteien in Russland. Die beschriebenen Umstände aus dem privaten Bereich des Klägers seien in erster Linie für die an dem Treffen Beteiligten von Interesse. Diese hätten, bis auf den Kläger, ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland. Allein dadurch, dass der Kläger an seinem Wohnsitz im Inland den Bericht abgerufen hat, werde noch nicht ein deutlicher Inlandsbezug hergestellt, selbst wenn vereinzelt Geschäftspartner Kenntnis von den angegriffenen Äußerungen erhalten haben sollten.
Aus dem Standort des Servers in Deutschland lasse sich eine die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründende Handlung der Beklagten ebenfalls nicht herleiten.
tko/LTO-Redaktion
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BGH zu Internetveröffentlichungen: . In: Legal Tribune Online, 30.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2908 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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