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BGH zum Rücktritt vom Reisevertrag: Kein Peking ohne Sight­se­eing

17.01.2018

Verbotene Stadt in Peking

© weixx - stock.adobe.com

Wenn die Besichtigung weltberühmter Sehenswürdigkeiten wegen einer Militärparade ausfällt, ist das eine wesentliche Änderung der Reiseleistung, entschied der BGH. Reisende können dann vom Vertrag zurücktreten.

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Peking ohne Verbotene Stadt und Platz des Himmlischen Friedens? Wenn solch weltberühmte Sehenswürdigkeiten plötzlich aus dem Besichtigungsprogramm einer Reise gestrichen werden, stellt das eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung dar. Ein Paar kann deswegen vom Reisevertrag zurücktreten, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag (Urt. v. 16.01.2018, Az. X ZR 44/17).

Im Fall ging es um eine 14-tägige China-Rundreise, die ein Paar für den Sommer 2015 gebucht hatte. Der Veranstalter eröffnete ihnen eine Woche vor Reisebeginn, dass ausgerechnet die beiden Pekinger Hauptsehenswürdigkeiten wegen einer Militärparade nicht besucht werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels angeboten. Das Paar trat die Reise dann aber gar nicht erst an und machte die Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 3.298  Euro, Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend.

Wie schon die Vorinstanzen bejahte auch der BGH ein Rücktrittsrecht und wies die Revision des Reiseveranstalters als unbegründet ab. "Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar", so die BGH-Richter in der Begründung ihrer Entscheidung. Dass dieser Besuch wegfiel, sei eine gravierende Änderung, die die Kunden des Veranstalters nicht hinnehmen müssten.

Keine zumutbare Leistungsänderung

Abgesehen von geringfügigen vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen sei eine nachträgliche Leistungsänderung nur zulässig, wenn der Reiseveranstalter sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten habe, so der BGH weiter. Die Klausel, die der Veranstalter benutzte, war aber unwirksam. Reiseveranstalter können sich laut BGH nur zumutbare Änderungen vorbehalten, die unter anderem den Charakter der Reise nicht verändern.

Der BGH-Anwalt des Düsseldorfer Veranstalters, Norbert Tretter, hatte vergeblich argumentiert, dass es sich bei der gebuchten Tour um eine Rundreise und nicht um eine Städtereise gehandelt habe. Die Besichtigung der beiden Pekinger Sehenswürdigkeiten hätte nur zwei bis drei Stunden beansprucht - mithin einen zeitlich sehr geringen Anteil an der 14-tägigen Tour, sagte er bei der mündlichen Verhandlung am Dienstag. Der BGH-Anwalt des klagenden Paares stellte hingegen erfolgreich auf die unwirksame Klausel im Reisevertrag und die drastische Programmänderung ab.

Reiseexperte Paul Degott vom Deutschen Anwaltverein überraschte die Gerichtsentscheidung nicht. "Der BGH hat jetzt ganz klar gesagt, dass mit dem Wegfall der beiden Hauptattraktionen eine wesentliche Reiseleistung fehlte", sagte der Jurist. Außerdem seien Vertragsklauseln, mit denen Reiseveranstalter sich nur allzu oft das Recht einräumten, Reisen im Nachhinein zu verändern, grundsätzlich unwirksam. "Mögliche Änderungen von Reiseleistungen müssen vom Veranstalter im Vertrag vorab sehr genau und konkret benannt werden. Nur dann können Kunden abwägen, ob sie eine Reise buchen oder lieber die Finger davon lassen", sagte Degott.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

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BGH zum Rücktritt vom Reisevertrag: Kein Peking ohne Sightseeing . In: Legal Tribune Online, 17.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26535/ (abgerufen am: 27.09.2023 )

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