Druckversion
Samstag, 17.05.2025, 11:23 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bgh-xii-zr-125-18-kuendigung-mietvertrag-fluechtlingsunterkunft-ausschluss
Fenster schließen
Artikel drucken
38335

BGH bestätigt Kündigungsausschluss für Gemeinde: Flücht­lings­un­ter­kunft ohne Flücht­linge

23.10.2019

Leeres Zimmer (Symbolbild)

© Mediaparts - stock.adobe.com

Auch wenn in der Flüchtlingsunterkunft niemals Flüchtlinge eingezogen sind, kann eine Gemeinde den Mietvertrag nicht beenden. Dann hätte die Gemeinde eben eine Ausstiegsklausel und keinen Kündigungsausschluss vereinbaren dürfen, so der BGH.

Anzeige

Eine Gemeinde, die ein Privathaus als Flüchtlingsunterkunft angemietet hat, kommt nicht vorzeitig aus dem Mietvertrag, nur weil nun gar keine Flüchtlinge da sind. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch entschieden (Urt. v. 23.10.2019, Az. XII ZR 125/18).

Die Stadt Ottweiler im Saarland hatte in dem Haus bis zu 14 Flüchtlinge unterbringen wollen. Im Mietvertrag wurde die ordentliche Kündigung für die ersten fünf Jahre ausgeschlossen. Wegen des Rückgangs der Flüchtlingszahlen wird die Unterkunft aber nicht mehr benötigt - kein einziges Zimmer war je belegt. Die Stadt versuchte deshalb, vorzeitig zu kündigen, der Streit ging durch die Instanzen.

Nach dem Urteil der Karlsruher Richter ist der Kündigungsausschluss wirksam. Der Senat wertete den Vertrag nicht als Wohnraum-, sondern als Gewerbemietvertrag. In diesem Bereich liege das Risiko nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich beim Mieter. Zum Beispiel könne auch kein Einzelhändler sein Ladenlokal vorzeitig kündigen, nur weil das Einkaufszentrum schlechter laufe als erwartet.

Der BGH-Anwalt der Stadt hatte darauf hingewiesen, dass die ortsübliche Miete bei etwa fünf Euro pro Quadratmeter liege. Die Stadt habe wegen der geplanten Nutzung mehr als das Doppelte gezahlt. "Der Preis ist doch nur gerechtfertigt, wenn die Flüchtlinge auch wirklich kommen." So gebe die Stadt einen sechsstelligen Betrag für nichts und wieder nichts aus. Die Kosten trage die Allgemeinheit.

Das hatte die Richter aber schon in der Verhandlung am Morgen nicht überzeugt. Natürlich hätten manche Vermieter in der Flüchtlingskrise die Notsituation der Gemeinden ausgenutzt. In Ottweiler sei es aber so gewesen, dass die Stadt die Miete selbst kalkuliert habe. Außerdem hätte sie in den Vertrag vorsorglich eine Ausstiegsklausel aufnehmen lassen können. So bleibt sie nun auf den Kosten sitzen.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BGH bestätigt Kündigungsausschluss für Gemeinde: . In: Legal Tribune Online, 23.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38335 (abgerufen am: 18.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Miet- und WEG-Recht
    • Flüchtlinge
    • Kündigung
    • Mietvertrag
  • Gerichte
    • Bundesgerichtshof (BGH)
Mann sitzt besorgt in seiner Wohnung 12.05.2025
Mietwohnung

BGH zu Härtefall nach Eigenbedarfskündigung:

Gesund­heits­zu­stand muss nicht zwin­gend mit ärzt­li­chem Attest belegt werden

Ein Mieter mit psychischen Beschwerden muss diese nicht mit einem fachärztlichen Attest belegen. Die Beurteilung seines Psychoanalytikers genügt, um einen Härtefall gegen die Eigenbedarfskündigung zu begründen, stellt der BGH klar.

Artikel lesen
Ein Schild mit der Aufschrift Bundesrepublik Deutschland 09.05.2025
Hintergründe

Der Dobrindt-Erlass über Zurückweisungen an der Grenze:

Von der "Herr­schaft des Unrechts" ins "Not­lagen-Chaos"?

Die Diskussion um den Dobrindt-Erlass über Grenz-Zurückweisungen krankt an vielen Missverständnissen. Neben die "Merkel-Rechtsbruch-Theorie" tritt nun Wirrwarr um die Ausrufung einer Notlage. Daniel Thym klärt das juristische Durcheinander.

Artikel lesen
Bundespolizisten stehen am Grenzübergang zwischen dem Ort Freilassing (Deutschland) und der Stadt Salzburg (Österreich) auf der Saalachbrücke und kontrollieren die Einreise. 08.05.2025
Flüchtlinge

Schreiben an die Bundespolizei:

Sind Dobrindts Zurück­wei­sungen recht­lich mög­lich?

Auch Flüchtlinge, die einen Asylantrag stellen wollen, sollen nicht mehr nach Deutschland einreisen können. Nur für vulnerable Gruppen soll es Ausnahmen geben, so die Pläne von Innenminister Dobrindt. Was sagt das Europarecht dazu?

Artikel lesen
Bewohner eines Flüchtlingslagers in Griechenland 16.04.2025
Asyl

BVerwG sieht keine unmenschliche Aufnahmesituation:

Über­stel­lung "nicht­vul­ne­ra­bler Flücht­linge" nach Grie­chen­land mög­lich

Flüchtlingen, die jung, arbeitsfähig und gesund sind, droht in Griechenland keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, hat das BVerwG entschieden. Deren Asylanträge können hierzulande daher als unzulässig abgelehnt werden.

Artikel lesen
Politiker auf dem Weg zur Bekanntgabe des Koalitionsvertrages 10.04.2025
Koalitionsvertrag

Wechsel der Verfahrensgrundsätze im Asylrecht im Koalitionsvertrag:

Der Richter vor dem leeren Blatt

Die neue Bundesregierung will in Asylverfahren den Amtsermittlungsgrundsatz durch den Beibringungsgrundsatz ersetzen. Viele Richter blieben gelassen, es biete sich ein breites Spektrum an Ausgestaltungen. Andere sind alarmierter.

Artikel lesen
Nancy Faeser im Flüchtlingslager Saatari 08.04.2025
Flüchtlinge

Migration:

Deut­sch­land setzt Auf­nahme von UN-Flücht­lingen vor­läufig aus

Kritiker des Asylsystems fordern oft, über Schutzersuchen außerhalb von Europa zu entscheiden. Solche Programme gibt es bereits. Deutschland drückt jetzt allerdings auf die Pause-Taste. Grund sind die Koaltionsverhandlungen.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von WISTA-MANAGEMENT GMBH
Voll­ju­rist:in (m/w/d)

WISTA-MANAGEMENT GMBH , Ber­lin

Logo von FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) für al­le Rechts­be­rei­che

FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG , Ber­lin

Logo von FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) für al­le Rechts­be­rei­che

FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG , Düs­sel­dorf

Logo von REDEKER SELLNER DAHS
Rechts­an­wäl­tin / Rechts­an­walt (m/w/d) Im­mo­bi­li­en­wirt­schafts­recht

REDEKER SELLNER DAHS , Bonn

Logo von Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft mbH
Voll­ju­rist*in / Syn­di­kus­rechts­an­walt*in (m/w/d)

Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft mbH , Mün­chen

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Frank­furt am Main

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Arbeitszeit im Fokus

19.05.2025

Karriere-Powerworkshops "Erfolgsfaktor Personal Branding"

20.05.2025

Juristinnen netzwerken ... - After Work live in Köln

22.05.2025, Köln

Rechnungslegung in der Non-Profit-Organisation

20.05.2025

Online Info Session Jurastudium (LL.B., EjP)

21.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH