BGH zur Änderung der Gemeinschaftsordnung in einer WEG: Wer eine Anpas­sung will, muss sie selbst ein­klagen

23.03.2018

Weil die nach der WEG-Vereinbarung vorgeschriebene gewerbliche Nutzung einer Arztpraxis nicht mehr möglich war, vermietete der Eigentümer sie als Wohnraum. Das könnte zwar zulässig sein. Er hätte aber erst auf Anpassung klagen müssen.

Ein Wohnungseigentümer, der einen Anspruch auf Anpassung der Gemeinschaftsordnung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) hat, muss diesen im Wege der Klage durchsetzen. Er kann ihn nicht im Wege der Einrede gegen einen Unterlassungsanspruch anderer Teileigentümer geltend machen. Mit seinem Urteil (v. 23.03.2018, Az. V ZR 307/16) klärte der Bundesgerichtshof (BGH) eine umstrittene Frage zu Lasten desjenigen, der einen Anpassungsanspruch behauptet: Wer die Gemeinschaftsordnung ändern will, muss selbst klagen. 

In dem entschiedenen Fall hatten mehrere Teileigentümer von dem Eigentümer einer früher als Arztpraxis genutzten Teileigentumseinheit verlangt, dass er es unterlässt, die Einheit zu Wohnzwecken zu nutzen. Nach der Teilungserklärung dürfen die sieben Einheiten des Gebäudes "ausdrücklich beruflich oder gewerblich, insbesondere auch als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden". Nach der Aufteilung befanden sich in sechs Einheiten Arztpraxen, in der siebten eine Apotheke.

Im Jahr 2013 wurde aber in unmittelbarer Nähe der Anlage ein weiteres Ärztehaus errichtet. Die Mieter – insbesondere die des beklagten Teileigentümers – kündigten daraufhin. Mittlerweile sind nur noch drei Einheiten an Ärzte vermietet, die Apotheke steht leer. Trotz intensiver Versuche konnten keine neuen gewerblichen Mieter für die Praxis gefunden werden. Einer der Teileigentümer teilte seine Einheit daraufhin auf, baute sie um und vermietete beide Teile als Wohnraum.

Anpassungsanspruch, wenn vereinbarte Nutzung nicht mehr möglich

Auf die Klage der anderen Teileigentümer verurteilte das Landgericht ihn, die Nutzung seiner Einheit zu Wohnzwecken zu unterlassen. Der BGH wies die Revision dagegen nun zurück, hielt die Entscheidung des Landgerichts aber nur im Ergebnis für richtig.

Im Ausgangspunkt stehe den klagenden Teileigentümern ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG zu, weil die Einheit des Beklagten nach der Gemeinschaftsordnung nicht als Privatwohnung genutzt werden darf, so der BGH. Auch eine vertraglich ausgeschlossene Nutzung kann zwar zulässig sein, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Eine Teileigentumseinheit in einem ausschließlich beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude zu Wohnzwecken zu nutzen, erfüllt diese Voraussetzung nach Ansicht des BGH aber nicht. 

Anders als das Berufungsgerichts hält der Senat es aber für möglich, dass der beklagte Teileigentümer von den anderen Teileigentümern gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG verlangen kann, die Gemeinschaftsordnung so zu ändern, dass er seine Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken nutzen darf. Mit der Kodifizierung der Vorschrift im Jahr 2007 habe der Gesetzgeber die Hürden an die Anpassung der Gemeinschaftsordnung bewusst etwas absenken wollen. Dass eine dauerhafte gewerbliche Vermietung nicht mehr ernsthaft zu erwarten ist, könnte einen Anpassungsanspruch rechtfertigen, weil der Eigentümer sonst an einer wirtschaftlichen Verwertung der Einheit gehindert werde. 

Wer die Anpassung will, muss sie auch einklagen 

Dennoch habe das Berufungsgericht der Klage der anderen Teileigentümer im Ergebnis zu Recht stattgegeben, entschied der V. Zivilsenat. Selbst wenn der jetzige Beklagte nämlich einen Anpassungsanspruch hätte, hätte er diesen zunächst im Wege der Klage durchsetzen müssen. Er dürfe ihn nicht im Wege der Einrede gegen den Unterlassungsanspruch der anderen Eigentümer geltend machen. 

Anpassungsbegehren müssen erst in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden, damit klar und eindeutig ist, welche Vereinbarungen für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten. Dieses Ziel würde laut BGH verfehlt, wenn man den Anpassungsanspruch im Wege der Einrede geltend machen dürfte. Dann würde eine Unterlassungsklage zwar wegen des Anpassungsanspruchs abgewiesen, die Gemeinschaftsordnung aber nicht geändert. Es stünde auch nicht rechtskräftig fest, dass der Anpassungsanspruch besteht, da sich die Wirkungen der Rechtskraft nicht auf Einreden erstrecken.

Ließe man eine solche Einrede zu, würden die übrigen Eigentümer außerdem durch die- eigenmächtige Nutzungsänderung in die Klägerrolle gedrängt, argumentiert der BGH. Grundsätzlich müsse aber derjenige klagen, der gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer die Anpassung der Nutzungsregelung erreichen will. Mit der neuen Nutzung dürfe er erst beginnen, wenn er ein rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten erstritten hat. Bis dahin müsse er die bislang geltende Gemeinschaftsordnung beachten und Nutzungen, die den darin vereinbarten Zweckbestimmungen widersprechen, unterlassen.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zur Änderung der Gemeinschaftsordnung in einer WEG: Wer eine Anpassung will, muss sie selbst einklagen . In: Legal Tribune Online, 23.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27699/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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