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BGH zu Eltern-Kind-Zentrum in München: Kin­der­lärm ist keine schäd­liche Umwelt­ein­wir­kung

13.12.2019

Bayern, München: Das Eltern-Kind-Zentrum "Elki" im Stadtteil Schwabing.

picture alliance/Peter Kneffel/dpa

Das Münchner "Elki" ist bei Familien beliebt - bei den Bewohnern im Haus weniger. Der BGH hat nun entschieden, dass das Eltern-Kind-Zentrum bleiben darf. Grund dafür sind die Wertungen im Immissionsschutzgesetz.

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Die einen wollen ruhig wohnen, die anderen gesellig zusammensein: Das Münchner Eltern-Kind-Zentrum "Elki" entzweit die Gemüter. Seit Jahren gibt es Streit um den bei Familien beliebten Treff im Stadtteil Schwabing. Nun Hat der Bundesgerichtshof (BGH) über die Zukunft der Einrichtung entschieden. Das "Elki" darf bleiben (Urt. v. 13.12.2019, Az. V ZR 203/18).

Eigentümer einer Wohnung, die direkt über dem "Elki" liegt, fühlen sich von dem Zentrum mit "Mini-Kindergarten", Sprach- und Musikkursen gestört - zumal dort auch am Wochenende einiges los ist. Zudem sind den Bewohnern die von Besuchern im Eingangsbereich abgestellten Kinderwagen und Fahrräder ein Dorn im Auge.

In der Teilungserklärung aus dem Jahr 1987 ist festgelegt, dass die Räumlichkeiten als "Laden mit Lager" genutzt werden dürfen. Die Wohnungseigentümer verlangten mit ihrem Hauptantrag daher die Unterlassung der Nutzung der Räumlichkeiten als Eltern-Kind-Zentrum. Hilfsweise sollte es das "Elki" unterlassen, Kinderwägen und Fahrräder im Eingangsbereich abzustellen und sicherstellen, dass die die Immissionen einen Pegel von 52 dB (A) nicht überschreiten.

Vorinstanzen hielten Nutzung für unzulässig

Das Landgericht (LG) und das Oberlandesgericht (OLG) München gaben den Wohnungseigentümern Recht und hielten die Nutzung für unzulässig. Im Gegensatz zum Familientreff wird in einem Geschäft nicht gespielt, gesungen oder getanzt, so die Argumentation des OLG.

Dass die Geräusche, die von einem Eltern-Kind-Zentrum ausgehen, lauter und störender sind als die eines Ladens mit Lager, stellte der BGH nicht in Abrede. Eine Unterlassung der Nutzung als Eltern-Kind-Zentrum könnten die Wohnungseigentümer aber trotzdem nicht verlangen, entschied das Gericht.

Der Grund laut BGH: Die Ausstrahlwirkung des § 22 Abs. 1a Satz 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) auf das Wohnungseigentumsrecht. Nach der Vorschrift ist Lärm von Kitas, Spielplätzen oder ähnlichen Einrichtung nämlich im Regelfall "keine schädliche Umwelteinwirkung". Dies sei auch bei der Prüfung zu beachten, ob eine nach der Teilungserklärung ausgeschlossene Nutzung dennoch zulässig ist, so der BGH.

Kinderlärm steht unter besonderem Toleranzgebot

Etwas anderes gelte jedoch, wenn die Nutzung der Einheiten als Einrichtung im Sinne des § 22 Abs. 1a BImSchG ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen ist. So liege es laut BGH beispielsweise, wenn eine Anlage nach der Teilungserklärung als Ärztehaus konzipiert ist. Die Nutzung einer Einheit als Kindertageseinrichtung widerspräche dann unabhängig von ihrem Störungspotential dem professionellen Charakter einer solchen Anlage.

Der § 22 Abs. 1a BImSchG stehe einem Unterlassungsanspruch der Wohnungseigentümer aber nicht grundsätzlich entgegen. Etwa dann nicht, wenn die Nutzung als Kita auch unter Berücksichtigung der von § 22 Abs. 1a BImSchG gewährten Privilegierung mehr stört als die nach der Zweckbestimmung zulässige. "Im Hinblick auf den erhöhten Publikumsverkehr, den eine Kindertageseinrichtung mit sich bringt, wird deshalb eine Wohneinheit regelmäßig nicht zu diesem Zweck genutzt werden dürfen; anders kann es wiederum bei einer Tagesmutter liegen", so der BGH in einer Mitteilung.

Das das "Elki" auch Angebote ausschließlich an die Eltern macht, stehe der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG nicht entgegen. Der Begriff der Kindertageseinrichtung bzw. einer ähnlichen Einrichtung dürfe nicht zu eng gefasst werden. In der Gerichtsmitteilung hieß es: "Nur ein offenes Verständnis entspricht dem gesetzgeberischen Ziel, durch § 22 Abs. 1a BImSchG eine Privilegierung von 'grundsätzlicher Natur' zu schaffen und vor dem Hintergrund, dass Kinderlärm unter einem besonderen Toleranzgebot steht, ein klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu setzen."

Zur Entscheidung über die Hilfsanträge verwies der BGH die Sache zurück ans OLG. Dass die Kläger nicht die Unterlassung der Nutzung als Eltern-Kind-Zentrum verlangen können, schließe Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 Abs. 1 BGB wegen einzelner besonders störender Handlungsweisen nicht aus.

acr/LTO-Redaktion

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BGH zu Eltern-Kind-Zentrum in München: . In: Legal Tribune Online, 13.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39233 (abgerufen am: 18.11.2025 )

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