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Zweite Berliner Mietpreisverordnung bestätigt: BGH hält Ver­län­ge­rung der Miet­p­reis­b­remse bis 2025 für ver­fas­sungs­gemäß

20.12.2024

Mietshaus in Berlin mit Fernsehturm im Hintergrund

Die Mietpreisbremse soll Miethöhen bei Wiedervermietungen begrenzen, um dem angespannten Wohnungsmarkt entgegenzuwirken. Kirill Gorlov/Stock Adobe 

Der Mietrechtssenat des BGH entschied, dass der Berliner Senat die Mietpreisbremse 2020 wirksam bis 2025 verlängert hat. Denn die zugrundeliegenden, 2020 geänderten BGB-Vorschriften zur Mietpreisbremse seien mit dem Grundgesetz vereinbar.

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In Berlin ist der Wohnungsmarkt angespannt. Die Nachfrage ist groß, die Angebote an Wohnraum reichen oftmals nicht aus oder sind überteuert. Die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen ist dort besonders gefährdet. 2015 hat der Gesetzgeber deshalb die Mietpreisbremse eingeführt, geregelt in den § 556d bis § 556g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). 

Die Mietpreisbremse führt dazu, dass in bestimmten Gebieten die zulässige Miethöhe bei Neuvermietung begrenzt wird. Die Miete darf die ortsübliche Vergleichsmiete regelmäßig höchstens um zehn Prozent übersteigen. Welche Gebiete davon erfasst werden entscheiden Länder per Rechtsverordnung. § 556d Abs. 2 BGB enthält dazu die entsprechende Ermächtigung. Diese sieht vor, dass Gebiete immer nur für die Dauer von höchstens fünf Jahren festgelegt werden. In der Fassung des § 556d Abs. 2 BGB von 2015 war eine Verlängerung des Gebietsstatus über 2020 hinaus nicht möglich.

Das hat der Bundesgesetzgeber im Jahr 2020 dann geändert: Es bleibt bei der Begrenzung der Rechtsverordnung auf fünf Jahre. Aber eine Verlängerung ist nun möglich, bis maximal 2025. Ob diese neue Fassung des § 556d Abs. 2 BGB rechtmäßig ist, musste am Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Er hatte in einem Berliner Fall zu klären, ob die dortige Zweite Mietenbegrenzungsverordnung von 2020 wirksam ist. Dabei war insbesondere relevant, ob sie auf einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage beruht. Das bejahte der BGH und gab den klagenden Mietern in vollem Umfang Recht (Urt. v. 18.12.2024, Az. VIII ZR 16/23).

650 Euro zu viel gezahlt

Diese bewohnten seit 2015 eine Wohnung in Berlin. Für den Zeitraum Januar bis September 2022 vereinbarten sie mit ihrer Vermieterin mietvertraglich eine Mietstaffel, welche eine Nettokaltmiete von monatlich 1.931 Euro vorsah. Die Wohnung unterlag der Mietpreisbremse, denn der Berliner Senat weist seit 2015 das komplette Stadtgebiet als angespannten Wohnungsmarkt aus. Die Erste Mietpreisbegrenzungsverordnung von 2015 lief entsprechend der Frist des § 556d Abs. 2 BGB nach fünf Jahren aus. Der Senat erließ 2020 sogleich eine Nachfolge-Verordnung, um den Gebietsstatus zu verlängern.

Die Mieter waren nun der Ansicht, dass die Mietstaffel gegen diese Zweite Mietpreisbegrenzungsverordnung verstoße. Wende man die Mietpreisbremse an, hätte sich ihre Miete nur auf 1.280 Euro statt auf 1.930 Euro belaufen, also 650 Euro weniger.

Die Vermieterin sah das anders. Ihrer Ansicht nach ist die Zweite Mietenbegrenzungsverordnung unwirksam, weil die neuen BGB-Vorschriften zur Mietpreisbremse verfassungswidrig seien. Jedenfalls sei bei der Bestimmung der höchstzulässigen Miete auf die von ihr mit dem Vormieter für denselben Zeitraum vereinbarte – höhere – Mietstaffel abzustellen.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht gaben den Mietern Recht – und nun auch der BGH. Die Berliner Verordnung sei wirksam, die Mietpreisbremse damit anwendbar. Auch die Berechnung sei richtig: Sie haben 650 Euro zu viel bezahlt.

BGH: Verlängerung für Vermieter vorhersehbar

Die gesetzlichen Vorschriften zur Begrenzung der Wiedervermietungsmiete in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt – und damit auch die Ermächtigungsgrundlage des § 556d Abs. 2 BGB für den Erlass der Verordnung – genügten den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Insbesondere verstießen sie nicht gegen die in Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verbürgte Eigentumsgarantie. Vielmehr stellen sie eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar, die durch Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt sei.

Dass der Gesetzgeber mit der Mietpreisbremse ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel in angemessener Weise verfolge, hatte bereits 2019 das Bundesverfassungsgericht entschieden. In dem Beschluss (v. 18.07.2019, Az. 1 BvL 1/18 u.a.), über den LTO berichtete, nahm der Erste Senat eine Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Begründung nicht zur Entscheidung an, äußerte sich aber dennoch zu den betroffenen Grundrechte und der Verhältnismäßigkeit. Es gehe darum, den Zugang der Bevölkerung zu bezahlbaren Mietwohnungen in ihrem bisherigen Wohnviertel zu sichern. Bei der Wahl der Mittel zur Umsetzung dieses Ziels habe der Gesetzgeber einen Einschätzungsspielraum, dieser sei hier nicht überschritten.

Der BGH hatte vorliegend nun die Frage zu klären, inwiefern das auch für die neuen BGB-Regelungen gilt, insbesondere für die Möglichkeit, den Status eines Gebiets als angespannter Wohnungsmarkt über 2020 hinaus zu verlängern. Dies billigte der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat, denn die für die Einführung der Mietpreisbremse maßgebliche Ausgangslage bestehe im Wesentlichen fort. Obwohl durch die Mietpreisbremse eine Verlangsamung der Mietdynamik erreicht worden sei, habe sich die angespannte Lage in vielen Gebieten bislang noch nicht ausreichend gebessert. Lediglich durch Erlass der Verordnung könne ein Anstieg der Wiedervermietungsmieten rasch verlangsamt werden. Die vorgesehene Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2025 sei daher angemessen.

Auch Vermietern könne die Verlängerung zugemutet werden. Insbesondere hätten diese nicht davon ausgehen können, dass die Mietpreisbremse mit Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer entfallen würde.

eh/mk/LTO-Redaktion

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Zweite Berliner Mietpreisverordnung bestätigt: . In: Legal Tribune Online, 20.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56154 (abgerufen am: 08.11.2025 )

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