BGH zu Kündigungsschutzklausel: Eigene Abwehr­rechte für die Mieter

14.11.2018

Durch entsprechende Vereinbarungen zwischen Käufer und Verkäufer eines Hauses können den darin wohnenden Mietern eigene Rechte gegenüber dem neuen Eigentümer erwachsen, entschied der BGH.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die Revision eines Hauskäufers zurückgewiesen, der sein Kündigungsrecht durch eine Klausel im Kaufvertrag mit dem Verkäufer zu Unrecht eingeschränkt sah (Urt. v. 14.11.2018, Az. VIII ZR 109/18).

2012 hatten die klagenden Hauskäufer ein Hausgrundstück von der Stadt Bochum erworben. In dem darauf befindlichen Siedlungshaus bewohnen sie eine von zwei Wohnungen. In der anderen wohnen die beklagten Mieter seit über 35 Jahren. Hinsichtlich der von den Mietern bewohnten Wohnung enthielt der Kaufvertrag mit der Stadt Bochum folgende Regelung, welche die Kommune nach Behauptung der klagenden Hauskäufer bei einer Vielzahl weiterer Immobilienveräußerungen verwendet habe:

"Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen der Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen […] Für den Fall, dass der Käufer ohne Zustimmung des Verkäufers oder ohne Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes das Mietverhältnis kündigt, ist der Verkäufer berechtigt, das Kaufgrundstück lasten- und schuldenfrei wiederzukaufen."

2015 kündigten die Hauskäufer das Mietverhältnis nach § 573a Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Norm sieht eine erleichterte Kündigung des Vermieters vor, wenn er - wie in diesem Fall - in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen selbst wohnt. Die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.

BGH: Stadt wollte Mieter ganz offensichlich schützen

Auch in Karlsruhe blieb es nun dabei: Bei der Regelung zum lebenslangen Wohnrecht der Mieter handele es sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), der dem Mieter der Wohnung eigene Rechte gegenüber dem Käufer als neuem Vermieter einräumt und die vorliegende Kündigung nach § 573a Abs. 1 S. 1 BGB ausschließt, urteilte der Gerichtshof.

Nach Auffassung des BGH bringt schon der Wortlaut der Regelung hinreichend zum Ausdruck, dass den Mietern eine (eigene) gesicherte Rechtsposition auch gegenüber dem Käufer als neuem Vermieter eingeräumt werden sollte. Für diese naheliegende Auslegung sprächen zusätzlich die hohe Schutzbedürftigkeit der Mieter und die Verantwortung der Stadt Bochum als kommunaler Eigentümer und Veräußerer.

Vom Kündigungsausschluss erfasst ist dabei auch die erleichterte Kündigung, befand der BGH, da sie - ebenso wie die ausdrücklich genannten Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder wirtschaftlicher Verwertung - ebenfalls keine Pflichtverletzung und kein Verschulden auf Mieterseite voraussetzen.

Am Ergebnis ändere sich auch nichts, wenn die umstrittene Klausel - wie von den Klägern behauptet - tatsächlich von der Stadt Bochum in einer Vielzahl von Immobilienkaufverträgen verwendet worden sein und es sich deshalb um Allgemeine Geschäftsbedingungen handeln sollte. Denn in diesem Fall benachteilige eine solche Klausel den Käufer einer entsprechenden Immobilie nicht unangenemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 u. 2. BGB. Vielmehr handele es sich um eine inhaltlich ausgewogene Regelungen für den Verkauf von kommunalem Eigentum, das von langjährigen Mietern bewohnt wird.

ms/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu Kündigungsschutzklausel: Eigene Abwehrrechte für die Mieter . In: Legal Tribune Online, 14.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32089/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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