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Immobilienunternehmer berief sich auf Eigenbedarf: GbR-Gesell­schafter darf Mie­tern drei Jahre lang nicht kün­digen

21.03.2018

Wohnungsschlüssel, Mietvertrag und Kündigungs-Stempel

© akf - stock.adobe.com

Vier Monate, nachdem sie als Vermieterin in das Mietverhältnis eingetreten war, wollte eine GbR einer Familie kündigen und berief sich auf Eigenbedarf. Nach Ansicht des BGH geradezu ein Paradefall für die dreijährige  Kündigungsbeschränkung zum Schutz der Mieter. 

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Wenn eine Personengesellschaft als neue Eigentümerin und Vermietern in einen Mietvertrag eintritt, darf sie dem Mieter frühestens nach drei Jahren unter Berufung auf Eigenbedarf kündigen. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass sich der Eigenbedarf erst nach Kaufvertragsschluss herausstelle. Denn die Kündigungsbeschränkung aus § 577a Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfordere keine beabsichtigte Wohnungsumwandlung, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch (Urt. v. 21.03.2017, Az. VIII ZR 104/17).

In der 160 Quadratmeter großen Wohnung in Frankfurt am Main lebte seit 1981 ein älteres Ehepaar mit seiner Tochter. Im Januar 2015 trat eine GbR, bestehend aus zwei natürlichen Personen und einer GmbH, als Eigentümerin und Vermieterin in das Mietverhältnis ein. Bereits im Mai 2015 machte einer der Gesellschafter Eigenbedarf geltend. Er habe sich von seiner Ehefrau getrennt und benötige als erfolgreicher Immobilienunternehmer repräsentative Wohnräume im noblen Frankfurter Stadtteil Westend.

Die Mieter wehrten sich in den Vorinstanzen erfolgreich gegen die Eigenbedarfskündigung. Nach dem Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main hätte die Sperrfrist des § § 577a Abs. 1 BGB eingehalten werden müssen. Demnach kann ein Erwerber vermieteten Wohnraum erst nach Ablauf von drei Jahren wegen Eigenbedarfs in Wohnungseigentum umwandeln. Dies gelte, so das LG, nach § 577a Abs. 1a BGB insbesondere auch für Personengesellschaften und Miteigentümergemeinschaften.

BGH: Eigenbedarf muss nicht schon bei Kaufvertragsschluss vorliegen

Der Gesellschafter vertrat dagegen den Standpunkt, dass die "Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung" nicht einschlägig sei, weil er zum Zeitpunkt des Eintritts in den Mietvertrag nicht die Absicht gehabt habe, den vermieten Wohnraum in Wohnungseigentum umzuwandeln.

Seine Revision beim BGH hatte allerdings keinen Erfolg. Ob die Kündigung wirklich die Voraussetzungen des Eigenbedarfs erfüllte, ließen die Karlsruher Richter dabei offen, weil zumindest die Sperrfrist unterschritten sei. Dennoch zeigte  sich der VIII. Zivilsenat verwundert, dass ein Immobilienmakler, der über einen großen Bestand von Wohnungen verfüge, überhaupt eine Eigenbedarfskündigung ausspreche.

Jedenfalls habe die Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1 BGB keine ungeschriebene Voraussetzung, die vorsehe, dass der Erwerber schon beim Eintritt in den Mietvertrag die Absicht haben müsste, den vermieteten Wohnraum in Wohnungseigentum umzuwandeln, so der BGH.

Mehrere Personen erhöhen das Kündigungsrisiko des Mieters

Vielmehr sah die Vorsitzende Richterin in dem, was der Frankfurter Familie passierte, geradezu den Paradefall, den der Gesetzgeber mit der Sperrfrist § 577a Abs. 1, Abs. 1a BGB im Auge gehabt habe. Der neue § 577a Abs. 1a BGB war erst am 1. Mai 2013 in Kraft getreten. Nach der Gesetzesbegründung soll die faktische Umgehung des Kündigungsschutzes in § 577a Abs. 1 BGB nach dem sogenannten Münchener Modell unterbunden werden, wenn Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.

Nach dem Münchener Modell erwirbt eine GbR ein mit Mietwohnraum bebautes Grundstück und verzichtet zunächst darauf, Wohnungseigentum zu begründen und dieses als Eigentumswohnungen zu verkaufen. Stattdessen kündigt sie den betreffenden Mietwohnraum wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter und umgeht so die Kündigungssperre des § 577a Abs. 1 BGB.

Nach dem BGH sollte über das Münchener Modell hinaus jede Veräußerung eines mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks an eine Personengesellschaft oder einer Miteigentümergesellschaft der Norm unterfallen, um auch Umgehungen des Mieterschutzes zu vermeiden.  Denn bereits durch die größere Personenanzahl auf Vermieterseite erhöhe sich für den Mieter das Risiko, verdrängt zu werden. Deswegen bedürfe er insoweit des Schutzes durch die Rechtsordnung, so der BGH. 

Einen von der GbR geltend gemachten Verfassungsverstoß sah der Senat auch nicht. Die Gesellschaft übersehe dabei, dass neben der Rechtsposition des Vermieters auch das von ihm abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) geschützt sei. Die Kündigungsbeschränkung sei insofern verhältnismäßig, als der Gesetzgeber die Sperrfrist auf das erforderliche Maß beschränkt und der GbR nicht ganz verwehrt habe, sich auf den Eigenbedarf zu berufen, so die Karlsruher Richter.

mgö/LTO-Redaktion

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Immobilienunternehmer berief sich auf Eigenbedarf: . In: Legal Tribune Online, 21.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27655 (abgerufen am: 10.11.2025 )

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