BGH zu Schadensersatz wegen Wohnungsdurchsuchung: Mieter muss nicht für Durch­su­chungs­schäden zahlen

14.12.2016

Wegen des Verdachts auf unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durchsuchte die Polizei eine Mietwohnung und beschädigte dabei die Wohnungstür. Die Vermieterin verlangte Schadensersatz vom Mieter, unterlag damit aber nun vor dem BGH.

Die conditio sine qua non kennen die meisten aus dem Strafrecht, doch auch bei der zivilrechtlichen Schadenszurechnung spielt sie eine gewichtige Rolle. So auch in einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Frage, ob ein Mieter Ersatz für Schäden an der Wohnungstür leisten muss, die bei einer polizeilichen Durchsuchung der von ihm bewohnten Wohnung entstanden sind (Urt. v. 14.12.2016, Az. VIII ZR 49/16).

Geklagt hatte die Vermieterin des Mannes, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge lief. Im Zuge der Ermittlungen durchsuchte die Polizei seine Wohnung und beschädigte dabei die Wohnungstür. Der Verdacht bestätigte sich allerdings nicht, die Ermittler fanden lediglich 26 Gramm Marihuana. Der Mann wurde daraufhin nur wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Vom Vorwurf des Handeltreibens wurde er hingegen rechtskräftig freigesprochen.

Trotzdem verlangte die Vermieterin als Eigentümerin des Hauses Ersatz der entstandenen Reparaturkosten für die Tür, womit sie in den Vorinstanzen jeweils unterlag. Die Revision zum BGH legte schließlich das Land als Träger der Polizeibehörde im Wege der Streithilfe ein. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH gab dem Begehren der Klägerseite allerdings nicht statt.

Aufbewahrung von Drogen ist Pflichtverletzung

Als Begründung führten die Richter an, der Beklagte habe den geltend gemachten Schaden nicht verursacht. Dabei stelle die rechtswidrige Aufbewahrung der gefundenen 26 Gramm Marihuana durchaus auch einen Verstoß gegen die mietvertraglichen Pflichten des Beklagten dar.

Er habe damit die Grenzen des zulässigen Gebrauchs überschritten und seine Obhutspflicht gegenüber der Vermieterin verletzt. Der Mieter habe die Mietsache schonend und pfleglich zu behandeln und bei ihrer Benutzung alles zu unterlassen, was zu einer Verschlechterung oder einem Schaden an dieser führen könne. 

Jemand, der seine Wohnung zur Aufbewahrung illegaler Betäubungsmittel nutze, müsse "nach allgemeiner Lebenserfahrung" auch damit rechnen, dass es zu Durchsuchungen und damit auch zu einer Beschädigung an der Wohnung kommen könne. Gleichwohl fehle vorliegend der notwendige Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung - der Aufbewahrung des Marihuanas - und Schaden - der beschädigten Wohnungstür. 

Kein Kausalzusammenhang zwischen Aufbewahrung und Durchsuchung

Schließlich habe sich der der Durchsuchung zugrunde liegende Verdacht auf Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht bestätigt. Weder im Straf- noch im Zivilverfahren seinen anderslautende Feststellungen getroffen worden.

Die allein verbleibende Aufbewahrung des Marihuanas könne hinweggedacht werden, ohne dass die Durchsuchung als schadenauslösendes Ereignis entfiele, denn die Ermittlungsmaßnahmen wären in gleicher Weise durchgeführt worden, wenn der Beklagte die Betäubungsmittel nicht erworben und in der Wohnung aufbewahrt hätte. 

Somit fehle es am nötigen Kausalzusammenhang, der conditio sine qua non, als Grunderfordernis der Schadenszurechnung. Aus dem gleichen Grund entfalle auch ein Anspruch wegen unerlaubter Handlung aus § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), so die Richter. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Vermieter ein Entschädigungsanspruch gegen das Bundesland als Träger der Polizei zustehen könne, stelle sich im vorliegenden Verfahren nicht.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu Schadensersatz wegen Wohnungsdurchsuchung: Mieter muss nicht für Durchsuchungsschäden zahlen . In: Legal Tribune Online, 14.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21463/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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