Wenn Audi einen Neuwagen mit VW-Motor verkauft, hat VW aus dem Verkauf keinen unmittelbaren Vorteil. Das wäre aber Voraussetzung für einen Restschadensanspruch gegen VW, wie der BGH entschied.
Dieselklägerinnen und -kläger, die zu spät vor Gericht gezogen sind, können nur dann auf Geld von Volkswagen (VW) hoffen, wenn es um einen neu gekauften VW geht. Bei Autos anderer Konzernmarken wie Audi liegen die Voraussetzungen auf sogenannten Restschadensersatz nach § 852 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht vor, wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschied (Urt. v. 14.07.2022, Az. VII ZR 422/21).
In dem nun entschiedenen Fall hatte die Klägerin im Dezember 2011 einen neuen Audi Q5 bei einem Autohändler erworben, dessen Motor vom Dieselskandal betroffen war. 2020 klagte sie dann gegen VW auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Sie hat behauptet, erst durch ein Schreiben der AUDI AG im Januar 2017 von der Betroffenheit ihres Fahrzeugs vom sogenannten Abgasskandal erfahren zu haben. In den Vorinstanzen hatte ihre Klage weitgehend Erfolg.
Die Revision von VW war am BGH aber erfolgreich. Der von der Klägerin geltend gemacht Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB sei verjährt. Auch aus dem hilfsweise geltend gemachten Restschadensersatzanspruch folge keine Haftung von VW. § 852 Satz 1 BGB setze voraus, dass VW im Verhältnis zur Klägerin etwas aus dem Fahrzeugverkauf erlangt habe. Eine solche Vermögensverschiebung sei aber auch beim Neuwagenkauf zu verneinen.
Kein Vorteil von VW bei Verkauf des Audis
Denn VW habe einen wirtschaftlichen Vorteil allenfalls mit der Herstellung und der Veräußerung des Motors an Audi erlangt, nicht aber durch den späteren Verkauf des Fahrzeugs, in das der Motor eingebaut wurde. "Der schadensauslösende Vertragsschluss über den Fahrzeugerwerb zwischen Geschädigtem und Fahrzeughändler einerseits sowie ein möglicher Vorteil der Beklagten aus der konzerninternen Überlassung des Fahrzeugmotors an den Fahrzeughersteller andererseits beruhen gerade nicht auf derselben - auch nicht nur mittelbaren - Vermögensverschiebung, wie sie der Anspruch nach § 852 Satz 1 BGB voraussetzt", entschied der VII. Zivilsenat.
Dass VW als Konzernmutter mit dem Fahrzeughersteller Audi wirtschaftlich verflochten sei, führe zu keiner anderen Beurteilung. "Der Umsatzerlös der Tochtergesellschaft aus dem Verkauf eines von ihr hergestellten Fahrzeugs begründet weder unmittelbar noch mittelbar einen damit deckungsgleichen Wertzuwachs des Geschäftsanteils der Muttergesellschaft", heißt es in der Mitteilung des BGH. VW habe allenfalls einen Vorteil im Zusammenhang mit Audis Gesamtgewinn erzielt, nicht jedoch konkret im Zusammenhang mit dem an den Fahrzeughändler gezahlten Kaufpreis. Darauf komme es im Rahmen des § 852 Satz 1 BGB aber entscheidend an.
Laut VW ist die Entscheidung auf gut 1.000 laufende Verfahren übertragbar. Käufer und Käuferinnen von VW-Neuwagen können dagegen trotz Verjährung einen Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB haben, wie der BGH im Februar entschied. Wer einen Gebrauchtwagen gekauft hat, hat nach einem früheren Urteil aus Karlsruhe generell keinen Schadensersatzanspruch.
BGH im Dieselskandal: . In: Legal Tribune Online, 14.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49057 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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