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BGH zur KFZ-Betriebsgefahr: Haf­tung auch noch Tage nach dem Unfall

29.05.2019

Brennendes Auto

(c) mhp - stock.adobe.com

Rund eineinhalb Tage nach einem Unfall geht ein Auto in einer Werkstatt in Flammen auf und verursacht schwere Brandschäden. Nach Ansicht des BGH passierte das "bei dem Betrieb" des Fahrzeugs. 

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass die Halterhaftung in § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) auch dann greifen kann, wenn sich der Schaden erst nach einer zeitlichen Verzögerung von eineinhalb Tagen realisiert (Urt. v. 26.03.2019, Az. VI ZR 236/18).

Ein Gebäudeversicherer hatte einen Kfz-Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz aus Halterhaftung in Anspruch genommen. Ein PKW wurde nach einem Unfall erheblich beschädigt und zunächst auf das Gelände eines Abschleppdiensts gebracht. Am nächsten Tag wurde das Auto dort abgeholt und in eine Werkstatt geschleppt. Dort angekommen hat ein Mitarbeiter der Werkstatt zwar den Schlüssel abgezogen, aber nicht die Batterie abgeklemmt. In der darauffolgenden Nacht, rund eineinhalb Tage nach dem Unfall, kam es als Folge des Unfallgeschehens zu einem Kurzschluss in dem Wagen, der zu einem großflächigen Brand in der Werkstattgarage und zu Brandschäden an den benachbarten Wohnhäusern führte.  

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschied, dass dem Gebäudeversicherer kein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG zusteht. Es fehle an dem Zurechnungszusammenhang zwischen dem "Betrieb" des Fahrzeugs und dem entstandenen Brandschaden. Dieser werde laut OLG unterbrochen, wenn die Fahrzeuge endgültig gesichert seien. Erst recht gelte dies, wenn – wie im Streitfall – der Schaden durch das schuldhafte Verhalten eines Dritten verursacht werde. 

Gefahrenlage bei KFZ-Betrieb geschaffen

Der BGH hob das Urteil nun aber auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück ans OLG Celle. Der Brandschaden sei der vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr zuzurechnen, entschieden die Karlsruher Richter. Der Kurzschluss sei auf das vorangegangene Unfallgeschehen zurückzuführen. Damit sei die schadensursächliche Gefahrenlage unmittelbar durch den Unfall und beim Betrieb des Fahrzeugs geschaffen worden. Eine zeitliche Verzögerung von eineinhalb Tagen ändere daran nichts, so der BGH. 

Auch dass in der Werkstatt auf sorgfaltswidrige Weise vergessen wurde, die Batterie abzuklemmen, hat den Zurechnungszusammenhang laut BGH nicht unterbrochen. Vielmehr sei dies erst auf der Ebene des Mitverschuldens zu berücksichtigen.  

Nach Ansicht des Generalanwalts bei Europäischen Gerichtshof (EuGH) gelten auch im Europarecht ähnliche Maßsstäbe. In einem ähnlichen Fall schlug der Generalanwalt dem Gerichtshof vor, dass der Begriff "Verwendung eines Fahrzeugs" in der Richtline über die KFZ-Haftpflichtversicherung (Rli. 2009/103/EG) den Fall erfasst, dass ein seit mehr als 24 Stunden in einer Privatgarage abgestelltes Fahrzeug von selbst in Brand gerät. Noch hat der EuGH aber kein Urteil in der Sache gefällt.

acr/LTO-Redaktion

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BGH zur KFZ-Betriebsgefahr: Haftung auch noch Tage nach dem Unfall . In: Legal Tribune Online, 29.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35679/ (abgerufen am: 15.08.2022 )

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