BGH versagt Einsicht: Abge­ord­nete darf nicht ins Grund­buch schauen

15.04.2020

Nur weil man Abgeordneter ist, darf man nicht automatisch auch Grundbücher einsehen, entschied der BGH und wies die Beschwerde einer Berliner Politikerin ab, nicht in den Einträgen recherchieren zu dürfen.

Weder Abgeordnete des Deutschen Bundestages noch Volksvertreter der Länderparlamente dürfen nur allein wegen ihrer beruflichen Stellung Einsicht in das Grundbuch nehmen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss und wies die Beschwerde einer Politikerin zurück, die sich mit den entsprechenden Informationen auf eine Diskussion vorbereiten wollte (Beschl. v. 09.01.2020, Az. V ZB 98/19).

Eine Abgeordnete des Berliner Landtages hatte beim Berliner Amtsgericht (AG) versucht, Einsicht in die dort geführten Grundbücher zu erlangen – aus Recherchezwecken, wie sie später angab. Sie wollte sich auf eine politische Debatte vorbereiten, in der später die Enteignung eines in Berlin ansässigen Unternehmens diskutiert wurde und über dessen Immobilienbestände sie sich entsprechend informieren wollte. Weil ihr sowohl das AG als auch das Kammergericht (KG) versagten, allein wegen ihrer Stellung als Abgeordnete Einsicht in die Grundbücher zu vernehmen, entschied letztinstanzlich der BGH über ihre Rechtsbeschwerde.

Auch aus Karlsruhe heißt es nun: Nur weil man Abgeordneter ist, kann man nicht einfach ins Grundbuch schauen. Konkret geht es um § 12 Abs. 1 S. 1 der Grundbuchordnung (GBO), wonach es nur jedem mit einem berechtigten Interesse gestattet ist, Einsicht in das Grundbuch zu nehmen. In erster Linie soll damit den Personen beim Grundstückkauf die Möglichkeit gegeben werden, sich Gewissheit über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs zu verschaffen.

Daneben könne zwar auch ein öffentliches Interesse eines Abgeordneten des Deutschen Bundestages oder eines Landesparlament geben, so der BGH. Allerdings hätten einzelne Abgeordnete nicht per se das Recht, Einsicht in die Grundbücher zu nehmen. Nur ausnahmsweise könnte ein Interesse aus dem Frage- und Informationsrecht ableitet werden, etwa wenn es um Immobiliengeschäfte der öffentlichen Hand geht. Denn die Verfassungsgeber haben dem Parlament damit ein Werkzeug an die Hand gegeben, um die Regierung zu kontrollieren.

Einen Blick ins Grundbuch aus "allgemeinen Informationszwecken" heraus dürfen Abgeordnete aber gerade nicht werfen, entschieden die Karlsruher Richter und verwiesen auf das entgegenstehende Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen, deren persönliche, familiäre, soziale und wirtschaftliche Daten schutzbedürftig seien.  

mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH versagt Einsicht: . In: Legal Tribune Online, 15.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41305 (abgerufen am: 07.10.2024 )

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