BGH zu sporadisch auftretenden Mängeln an Gebrauchtwagen: Nach­bes­se­rungspf­licht trotz Vor­führ­ef­fekts

26.10.2016

Man kennt das: Kaum gekauft, zeigt das Auto allerlei Macken – bringt man es zum Händler, funktioniert es plötzlich wieder einwandfrei. Käufer können trotz dieses Vorführeffekts auf Nacherfüllung bestehen, so der BGH – aber nicht in allen Fällen.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat am Donnerstag entschieden, dass der Käufer eines PKW, der den Händler auf einen nur sporadisch auftretenden, sicherheitsrelevanten Mangel erfolglos hingewiesen hat, ohne vorherige Fristsetzung zur Nachbesserung vom Kaufvertrag zurücktreten darf (Urt. v. 26.10.2016, Az, VIII ZR 240/15). Wegen der Gefahren, die der Mangel mit sich bringen könne, sei es dem Käufer nicht im Sinne von § 440 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zumutbar, ein weiteres Auftreten der Mangelsymptome abzuwarten.

Geklagt hatte ein Mann, der einen gebrauchten Volvo V 50 zum Preis von 12.300 Euro von einer KFZ-Händlerin gekauft hatte. Kurze Zeit nach Übergabe des Fahrzeugs bemängelte der Kläger unter anderem, das Kupplungspedal sei nach Betätigung am Fahrzeugboden hängengeblieben, sodass es in die Ausgangsposition habe zurückgezogen werden müssen. Bei einer daraufhin durchgeführten Untersuchungsfahrt trat das Problem allerdings nicht erneut auf, sodass die Beklagte dem Kläger mitteilte, dass derzeit kein Grund für ein Tätigwerden bestehe und der Kläger das Fahrzeug bei erneutem Hängenbleiben des Kupplungspedals wieder bei ihr vorstellen solle.

In den folgenden Tagen wies der Mann die KFZ-Händlerin wiederum auf das Hängenbleiben des Pedals hin, forderte sie - erfolglos - auf, sich zur Reparatur bereit zu erklären, und trat daraufhin vom Kaufvertrag zurück. Später bestätigte ein Sachverständigengutachten, dass das Pedal tatsächlich von Zeit zu Zeit hängen blieb, was allerdings mit relativ geringfügigen Kosten (433 Euro) behoben werden konnte.

Mangel erheblich, Weiternutzung unzumutbar

Der Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages hat der BGH nun stattgegeben. Der Autokäufer habe den Anforderungen an ein hinreichendes Nacherfüllungsverlangen bereits dadurch genügt, dass er der Beklagten die Mangelsymptome beschrieben und die Gelegenheit zur Untersuchung des Fahrzeuges eingeräumt habe. Mit ihrer Erklärung anlässlich der Vorführung des Fahrzeugs, es bestünde kein Grund für die Annahme einer Mangelhaftigkeit und damit ein Tätigwerden, solange der behauptete Mangel nicht (erneut) auftrete und der Kläger damit nochmals vorstellig werde, sei die Beklagte dem Nacherfüllungsverlangen nicht gerecht geworden.

Eine weitere Benutzung des Fahrzeugs sei dem Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht zumutbar gewesen, da es sich nicht bloß um einen Komfort-, sondern um einen sicherheitsrelevanten Mangel gehandelt habe. Ein Hängenbleiben des Kupplungspedals erhöhe die Unfallgefahr nämlich erheblich – schon deshalb, weil es den Fahrer ablenke und seine Aufmerksamkeit während der Fahrt in Anspruch nehme.

Ein Rücktritt sei auch nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen, obwohl dieser letztlich mit geringem Aufwand habe beseitigt werden können. Solange die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar ist, könne die Erheblichkeit des Mangels regelmäßig nur an der von ihm ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen werden. Die sei auf Grund der Sicherheitsrelevanz aber erheblich.

cvl/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu sporadisch auftretenden Mängeln an Gebrauchtwagen: Nachbesserungspflicht trotz Vorführeffekts . In: Legal Tribune Online, 26.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20985/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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