Sicherheit im Online-Banking: BGH kon­k­re­ti­siert Vor­aus­set­zungen für Anscheins­be­weis

27.01.2016

Streiten sich Bank und Kunde über eine Überweisung, reicht für den Beweis nicht notwendigerweise aus, dass die richtige PIN und TAN-Nummer verwendet wurde. Nur bedingt kann sich die Bank auf den Anscheinsbeweis stützen, entschied der BGH.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Position von Bankkunden beim Online-Banking gestärkt. Die Karlsruher Richter formulierten in ihrem Urteil vom Dienstag hohe Anforderungen für den Fall, dass streitig ist, ob der Kontoinhaber selbst oder eine andere Person ohne sein Wissen eine Überweisung in Auftrag gegeben hat.

Auch wenn es so aussieht, als ob sich der Kunde mit gültiger PIN- und TAN-Nummer identifiziert hat, muss nach Ansicht der Richter gewährleistet sein, dass das Sicherungssystem zum Zeitpunkt der Überweisung unüberwindbar war, ordnungsgemäß angewendet wurde und fehlerfrei funktioniert hat. Dem Kontoinhaber darf auch nicht einfach grob fahrlässiges Verhalten unterstellt werden, wie es in einer Mitteilung des Gerichts heißt.

Im konkreten Fall hatte es im Online-Banking-System der Hamburger Sparkasse 2011 Störungen gegeben - aus ungeklärten Umständen wurden einem Fitnessstudio insgesamt knapp 240.000 Euro überwiesen. Bevor die Bank das Geld zurückbuchen konnte, wurde ein Großteil der Summe vom Geschäftskonto des Fitnessstudios an einen Rechtsanwalt transferiert. Über die dafür eingesetzte PIN- und TAN-Nummer verfügte der Geschäftsführer des Studios. Die Sparkasse fordert von ihm das Geld samt Zinsen zurück und hatte damit in den Vorinstanzen Erfolg. Nach der Entscheidung des BGH von Dienstag muss nun jedoch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) erneut über den Fall entscheiden, da es die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises zugunsten der Bank verkannt habe (Urt. v. 26.01.2016, Az. XI ZR 91/14).

Genaue Prüfung zur Entkräftung des Anscheinsbeweises

Der 11. Senat traf damit eine grundsätzliche Entscheidung zu Beweisproblemen im Online-Banking. Wenn die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs zwischen dem Bankkunden und der Bank streitig ist, bestimmt § 675w Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Anforderungen für den Nachweis. So muss nach Satz 2 der Vorschrift die Bank beweisen, dass der Zahlungsvorgang mit Nutzung von PIN und TAN-Nummer erfolgt ist und mithilfe eines Verfahrens der Bank überprüft worden ist. Damit gelingt der Bank aber "nicht notwendigerweise" auch gleichzeitig der Beweis dafür, dass der Kunde selbst den Vorgang veranlasst hat, wie es Satz 3 der Vorschrift vorsieht.

Jedoch schließt § 675w Satz 3 BGB nach der Entscheidung des BGH nicht aus, dass sich die Bank auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann. Von einem Anscheinsbeweis ist allgemein dann die Rede, wenn ein Sachverhalt erfahrungsgemäß auf einen bestimmten Geschehensablauf hindeutet. Der Gegenseite obliegt es dann, diesen zu entkräften.

Der Senat konkretisierte daraufhin die Voraussetzungen für die Anwendung des Anscheinsbeweises. Demnach bedürfe es der "allgemeinen praktischen Sicherheit" des eingesetzten Authentifizierungsverfahrens sowie dessen Einhaltung im konkreten Einzelfall. Diese Voraussetzungen können dem Urteil nach auch gegeben sein, obwohl bereits erfolgreiche Angriffe auf vergleichbare System bekannt seien. Der Bankkunde könne den Anscheinsbeweis also nicht ohne weiteres dadurch entkräften, dass er sich auf Vorfälle mit anderen Online-Verfahren stützt.

Das OLG habe im Fall allerdings versäumt, Feststellungen zur praktischen Unüberwindbarkeit des von der Sparkasse eingesetzten Sicherungssystems zu treffen. Auch habe es die Umstände, die gegebenenfalls zur Erschütterung eines eventuell eingreifenden Anscheinsbeweises führen könnten, nicht ausreichend berücksichtigt.

una/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Sicherheit im Online-Banking: . In: Legal Tribune Online, 27.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18279 (abgerufen am: 04.10.2024 )

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