Das Recht eines Mieters, im Falle eines Mangels die Miete teilweise einzubehalten, darf nur so lange ausgeübt werden, wie es seinen Zweck erfüllt. Lässt sich der Vermieter hierdurch nicht beeindrucken, muss der Mieter zu anderen Mitteln greifen.
Mieter dürfen Teile der Miete wegen eines Mangels nicht zeitlich unbegrenzt einbehalten. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch. Vom Leistungsverweigerungsrecht dürfe nur Gebrauch gemacht werden, solange dieses noch seinen Zweck erfülle, lautet die Entscheidung (Urt. v. 17.06.2015, Az. VIII ZR 19/14).
Dem Urteil lag ein Mietrechtsstreit aus Kassel zugrunde. Über das Vermögen des Mieters war im Juni 2010 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Einen Monat später hatte die Treuhänderin allerdings die Freigabe des Mietverhältnisses erklärt. Hauptsächlich ging es um die Frage, ob der Vermieter dem Mieter nun kündigen und die Kündigung auf Mietrückstände stützen dürfe, die vor dem Insolvenzverfahren entstanden waren.
Die Karlsruher Richter befanden hier, dass die Kündigungssperre des § 112 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO) durch die Freigabeerklärung entfallen sei. Denn diese bewirke, dass das Mietverhältnis in die Verfügungsbefugnis der Parteien zurückfalle. Die Norm diene nur dem Schutz der Insolvenzmasse und nicht dem persönlichen Schutz des Schuldners, der sich im Zahlungsverzug befinde.
Gar keine Miete zahlen ist unverhältnismäßig
Gleichzeitig entschieden die Richter aber auch über die Höhe des ausstehenden Mietbetrages. Das Landgericht (LG) Kassel hatte einen Zahlungsverzug insgesamt verneint und dem Mieter aufgrund der Mangelhaftigkeit der Wohnung - es handelte sich um starken Schimmelbefall - eine Minderung der Bruttomiete von 20 Prozent und ein monatliches Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 80 Prozent zugestanden. Mithin 100 Prozent.
Damit habe das LG aber das tatrichterliche Beurteilungsermessen überschritten, indem es schematisch bemessen und dem Mieter ein zeitlich unbegrenztes Zurückbehaltungsrecht eingeräumt habe, urteilte der BGH. Das LG hätte den Zweck des Zurückbehaltungsrechts – hier das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – erkennen müssen. Es diene im Rahmen von Mietverhältnissen dazu, auf den Vermieter vorübergehend Druck auszuüben. Dieser solle dazu getrieben werden, künftig die Wohnung wieder im mangelfreien Zustand bereitzustellen.
Es sei daher verfehlt, das Leistungsverweigerungsrecht ohne zeitliche Begrenzung auf einen mehrfachen Betrag der monatlichen Minderung zu bemessen. Der insgesamt einbehaltene Betrag müsse zudem in einer angemessenen Relation zu der Bedeutung des Mangels stehen.
Damit sei der Mieter aber nicht rechtslos gestellt, betonte der BGH. Ungeachtet des Minderungsrechts könne er auf Mängelbeseitigung klagen oder den Mangel ggf. selbst beseitigen.
una/LTO-Redaktion
Schimmel in der Wohnung: . In: Legal Tribune Online, 18.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15911 (abgerufen am: 04.10.2024 )
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