Ist ein neues Fahrzeug mit besonders vielen Mängeln an Optik und Ausstattung behaftet, rechtfertigt das keinen Rücktritt vom Kaufvertrag ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung. Entscheidend sei die Bedeutung der einzelnen Mängel. Bloße Bagatellprobleme könnten auch in hoher Zahl nicht dazu führen, dass dem Verkäufer die Möglichkeit zur Nacherfüllung abgeschnitten werde, so der BGH in einem am Mittwoch ergangenen Urteil.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass auch eine Vielzahl von Mängeln an Karosserie und Ausstattung eines Fahrzeugs nicht dazu führen muss, es als so genanntes Montagsauto einzustufen. Ein solches liege nur dann vor, wenn aus der Sicht eines verständigen Käufers der Anschein bestehe, das Fahrzeug sei aufgrund seiner Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft. Dies sei nicht der Fall, wenn die Mängel lediglich Lästigkeitswert hätten, so die Richter (Urt. v. 23.01.2013, Az. VIII ZR 140/02).
Hat ein Käufer ein Montagsauto erworben, könne er vom Kaufvertrag zurücktreten, ohne dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung setzen zu müssen. Denn durch die gravierenden Mängel, die dann auch die technische Funktionstüchtigkeit betreffen, sei eine Nacherfüllung entweder nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entbehrlich oder nach § 440 S. 1 Var. 3 BGB unzumutbar.
Im zugrunde liegenden Fall musste ein neues Wohnmobil im Wert von etwa 134.000 Euro innerhalb von zwei Jahren insgesamt dreimal in die Werkstatt, um insgesamt 20 Mängel zu beheben. Der Käufer erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag, nachdem er weitere 15 Mängel zu beklagen hatte. Alle betrafen entweder die Ausstattung des Wohnmobils oder die Optik. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung hielt der Käufer für unzumutbar, weil sein Fahrzeug ein Montagsauto sei.
Seine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Wertminderung blieb in den Vorinstanzen, dem Landgericht (LG) Osnabrück und dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, ohne Erfolg. Auch der BGH vertrat die Auffassung, bei den gerügten Mängeln am Wohnmobil handele es sich um bloße Bagatellprobleme, welche aber nicht die technische Funktionstüchtigkeit des Fahrzeugs beträfen. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei daher zumutbar.
una/LTO-Redaktion
BGH zum Fahrzeugkauf: . In: Legal Tribune Online, 23.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8026 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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