Häufig bewerben Gebrauchtwagenhändler ihre Autos mit einer noch laufenden Herstellergarantie. Ist diese in Wahrheit schon abgelaufen, können Käufer unter Umständen vom Vertrag zurücktreten, entschied der BGH.
Das Fehlen einer nach Angaben des Verkäufers noch laufenden Herstellergarantie stellt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) einen Sachmangel dar. Käufer können dann zum Rücktritt berechtigt sein, entschied der VIII. Zivilsenat am Mittwoch (Urt. v. 15.06.2016, Az. VIII ZR 134/15).
Die Entscheidung ist im Bereich des Gebrauchtwagenhandels von höchster Bedeutung. Die Richter stellten nämlich klar, dass die noch laufende Herstellergarantie ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach allen Tatbestandsvarianten des § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist. Ist die Garantie entgegen der vertraglichen Abrede tatsächlich nicht mehr gegeben, liegt hierin ein Sachmangel. Dem Grunde nach besteht bei einem Sachmangel, der bereits bei Übergabe der Kaufsache vorliegt, ein Anspruch auf Nacherfüllung, gegebenenfalls auch auf Minderung oder Schadensersatz. Der Käufer kann unter bestimmten Voraussetzungen zum Rücktritt berechtigt sein.
Herstellergarantie für Käufer von wirtschaftlicher Bedeutung
Die Richter in Karlsruhe widersprachen damit auch den mit dem zugrunde liegenden Rechtstreit bereits betrauten Vorinstanzen, dem Landgericht (LG) Ingolstadt und dem Oberlandesgericht (OLG) München. Dort wurde die Auffassung vertreten, eine Herstellergarantie sei lediglich Ausdruck einer rechtlichen Beziehung zwischen Hersteller und Fahrzeughalter, die außerhalb der Kaufsache selbst liege - ihr Fehlen damit kein Mangel.
Der BGH bezog sich am Mittwoch dagegen auf den seit der Schuldrechtsreform geltenden weiten Beschaffenheitsbegriff. Als Beschaffenheitsmerkmale seien demnach nicht nur die der Kaufsache selbst anhaftenden Faktoren anzusehen, sondern schlicht alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben. Der Herstellergarantie komme beim Autokauf stets ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht zu, so der BGH.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Käufer eines Fahrzeugs den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, nachdem eine vor Übergabe erfolgte Manipulation am Kilometerstand aufgeflogen war. Ob ihm ein Rücktrittsrecht zusteht hat der BGH jedoch nicht entschieden, sondern die Sache an das OLG zurückverwiesen. Dort muss nun festgestellt werden, ob die weiteren Voraussetzungen des Rücktrittsrechts vorliegen und der beklagte Verkäufer den Wagen zurücknehmen muss.
una/LTO-Redaktion
BGH zum Gebrauchtwagenkauf: . In: Legal Tribune Online, 15.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19668 (abgerufen am: 22.04.2025 )
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