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Versicherungsverträge nach dem Policemodell: BGH stärkt Verbraucherrechte

29.07.2015

Widerruf

© Marco2811 - Fotolia.com

Nach erfolgreichem Widerspruch gegen den Versicherungsvertrag folgt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung. Der BGH entschied nun, welche Positionen Versicherungen in Abzug bringen können – und welche nicht.

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich erstmals mit Einzelheiten der Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen befasst, gegen deren Zustandekommen gemäß § 5a Abs. 1 S.1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) der alten Fassung (a.F.)  Widerspruch erklärt wurde. Die Vorschrift regelte, dass die Widerspruchsfrist von 14 Tagen erst mit vollständiger Aufklärung über das Widerspruchsrecht zu laufen begann. Hierzu hatte der BGH im vergangenen Jahr zur Freude vieler Kunden entschieden, dass ein Widerspruch bei fehlender Aufklärung auch noch Jahre später möglich ist.

Nun hatten sich die Richter der Frage zu widmen, welche Beträge die Versicherer an ihre ehemaligen Kunden zurückzahlen müssen. Zwar steht nach der Entscheidung von Mai 2014 bereits fest, dass die Versicherungsnehmer nach dem Widerspruch nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien zurückverlangen können. Ob das auch für andere Positionen gilt, war jedoch bislang unklar.

BGH gibt Versicherung nur in einem Punkt Recht

Im Streitfall hatten die Kunden ihre Verträge Jahre nach deren Abschluss zunächst gekündigt und dann widersprochen. Aufgrund der Kündigungen hatte die Versicherung ihnen bereits den Rückkaufswert erstattet. Nun verlangten sie die Rückzahlung aller geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des Rückkaufswertes. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht (OLG) Köln, hatte den geschuldeten Wertersatz auf Grundlage der Prämienkalkulation der Versicherung geschätzt und die auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteile in Abzug gebracht. Dies sei nicht zu beanstanden, befand der BGH nun.

Die beklagte Versicherung hatte allerdings zahlreiche andere Positionen in Abzug bringen wollen. Einzig in einem Punkt folgte ihr der BGH. Der Kunde müsse sich die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlages, die der Versicherer für ihn an das Finanzamt abgeführt habe, als Vermögensvorteil anrechnen lassen. Alle anderen in den Rechtstreit eingebrachten Positionen seien aber nicht zu berücksichtigen (Urt. v. 29.07.2015, Az. IV ZR 448/14).

Damit dürfen Versicherer etwa die für den Vertragsschluss angefallenen Abschluss- und Verwaltungskosten oder Zuschläge für Ratenzahlungen nicht in Abzug bringen. Sie dürften sich diesbezüglich nicht auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berufen, weil diese Kosten unabhängig von den Verträgen angefallen und beglichen worden seien. Hinsichtlich der Abschlusskosten habe der Versicherer das Risiko des wirksamen Widerspruch zu tragen, so die Entscheidung. Dies sei durch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 5a VVG a.F. geboten.

una/LTO-Redaktion

Anm. d. Red.: 29.07.2015, 19:42: Das z.T. verwendete Wort "Widerruf" wurde durch "Widerspruch" ersetzt

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Versicherungsverträge nach dem Policemodell: BGH stärkt Verbraucherrechte . In: Legal Tribune Online, 29.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16431/ (abgerufen am: 09.08.2022 )

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