Der BGH hat am Mittwoch entschieden, dass an den Urheberrechtschutz von Werken der angewandten Kunst grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an den von Werken der zweckfreien Kunst. Die Karlsruher Richter geben damit ihre bisherige Rechtsprechung auf, wonach Werke der angewandten Kunst eine besondere Gestaltungshöhe aufweisen mussten, um Schutz nach dem UrhG zu genießen.
Für 400 DM hatte eine selbständige Spielwarendesignerin Entwürfe für einen Geburtstagszug an ein Unternehmen verkauft, das den Spielzeugzug, auf dessen Waggons sich Kerzen und Ziffern aufstecken lassen, nun herstellt und vertreibt. Gemessen am Verkaufserfolg sei das viel zu wenig gewesen, meinte die Designerin im Nachhinein und verklagte das Unternehmen auf Zahlung einer weiteren angemessenen Vergütung nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG).
Vor dem Landgericht Lübeck und dem Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hatte sie damit keinen Erfolg. Dabei stützten sich die Gerichte auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH), wonach bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, höhere Anforderungen an die für einen urheberrechtlichen Schutz erforderliche Gestaltungshöhe zu stellen sind, als bei Werken der zweckfreien Kunst, wie Bücher oder Musikstücke. Die Entwürfe der Spielzeugdesignerin als - angewandte Kunst - genügten diesen Anforderungen nicht.
BGH ändert Rechtsprechung
Vor dem BGH errang die Spielzeugdesignerin trotzdem einen Etappensieg: Der I. Zivilsenat rückte von der bisherigen BGH-Rechtsprechung ab und stellt künftig keine besonderen Anforderungen mehr an die angewandte Kunst mehr. Zur Begründung verwies das Gericht auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004. Durch diese sei mit dem Geschmacksmusterrecht ein eigenständiges gewerbliches Schutzrecht geschaffen und der enge Bezug zum Urheberrecht beseitigt worden.
Der Schutz als Geschmacksmuster setze nicht mehr eine bestimmte Gestaltungshöhe, sondern die Unterschiedlichkeit des Musters voraus. Da zudem Geschmacksmusterschutz und Urheberrechtsschutz nebeneinander bestehen können, rechtfertige der Umstand, dass eine Gestaltung dem Geschmacksmusterschutz zugänglich ist, es nicht, der Klägerin den Urheberrechtsschutz zu versagen oder von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen (Urt. v. 13.11.2013, Az. I ZR 143/12).
Der BGH hob daher das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück an das OLG. Dieses hat nun zu prüfen, ob der von der Spielzeugdesignerin entworfene Geburtstagszug entsprechend den neuen BGH-Maßgaben Schutz nach dem UrhG genießt. Sollte dies der Fall sein, hat die Klägerin einen Anspruch auf Nachhonorierung, allerdings nur für den Zeitraum nach Inkrafttreten der Reform des Geschmacksmusterrechts.
mbr/LTO-Redaktion
BGH zu angewandter Kunst: . In: Legal Tribune Online, 13.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10029 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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