Die Besetzung einer Strafkammer mit einer der deutschen Sprache kaum mächtigen Schöffin ist fehlerhaft und stellt einen absoluten Revisionsgrund dar. Dies entschied der BGH in einem Urteil vom Mittwoch.
In dem Urteil zugrunde liegenden Fall war eine Schöffin russischer Abstammung an einem Strafprozess beteiligt worden. Den Angeklagten wurde jeweils besonders schwerer Raub wegen eines Überfalls auf einen Supermarkt vorgeworfen. Da die Schöffin der deutschen Sprache kaum mächtig war, hatte das Gericht eine Dolmetscherin hinzu gezogen. Das Schöffengericht verurteilte beide Angeklagte schließlich zu Haftstrafen von jeweils vier Jahren. Einer der Verurteilten legte gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein.
Die Richter des 2. Strafsenates des BGH gaben dieser nun statt und hoben das Strafurteil auf. Sie stellten fest, dass die Ernennung einer nicht sprachkundigen Schöffin gegen den Grundsatz des § 184 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) verstößt, wonach die Gerichtssprache deutsch ist. Außerdem stelle die nicht vorschriftsmäßige Besetzung einen Verstoß gegen den im Strafprozess geltenden Grundsatz der Unmittelbarkeit (§ 261 Strafprozessordnung) dar. Eine sprachunkundige Schöffin sei – ebenso wie ein tauber oder blinder Richter – jedenfalls teilweise unfähig, der Verhandlung selbst zu folgen.
Die Teilnahme einer für die Schöffin herangezogenen Russisch-Dolmetscherin an allen Beratungen der Strafkammer begründe überdies einen Verstoß gegen das Beratungsgeheimnis des § 193 GVG (Urt. v. 26.01.2011, Az. 2 StR 338/10).
mbr/LTO-Redaktion
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BGH: . In: Legal Tribune Online, 26.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2418 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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