Verhandlung vor dem BGH deutet Sieg für BKartA an: Apple wehrt sich gegen stren­gere Wett­be­werbsauf­sicht

28.01.2025

Muss das Tech-Unternehmen Apple strenger beaufsichtigt werden oder nicht? Das Bundeskartellamt sieht eine marktübergreifende Stellung, Apple wehrt sich dagegen vor dem BGH. Doch das könnte eng werden, zeigte die Verhandlung.

Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft, ob Apple künftig einer verschärften Wettbewerbskontrolle durch das Bundeskartellamt unterliegt. Der iPhone-Konzern wehrt sich dagegen, dass die Wettbewerbshüter ihm 2023 eine "überragende, marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" attestierten. Die Behörde könnte dem Unternehmen damit leichter bestimmte Geschäftspraktiken verbieten. 

Über Apples Beschwerde muss nun der Kartellsenat des BGH in erster und letzter Instanz entscheiden. Am Dienstag fand die Verhandlung statt (Az. KVB 61/23). Am 18. März 2025 will der BGH seine Entscheidung verkünden.

Nach erster Einschätzung des Karlsruher Senats dürfte es für Apple jedoch eng werden. Mehrere der Kriterien, die das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) für die Einstufung vorsieht, seien im Falle Apples "in sehr hohem Maße erfüllt", erklärte der Vorsitzende Richter Wolfgang Kirchhoff in der mündlichen Verhandlung. So habe Apple etwa erhebliche finanzielle und sonstige Ressourcen sowie einen breiten und tiefen Datenzugang. Im App-Store habe Apple als Gatekeeper erheblichen Einfluss auf die Sichtbarkeit und damit den Erfolg von Drittanbieter-Apps.

Tracking-Regelung unter der Lupe

Sollte der BGH der Einschätzung des Kartellamts folgen, könnte dieses Verfahren der Behörde gegen bestimmte Praktiken von Apple beschleunigen. Derzeit schauen sich die Wettbewerbshüter zum Beispiel Apples Tracking-Regelung für Drittanbieter-Apps genau an. Konkret geht es darum, dass Apple-Nutzerinnen und Nutzer bei der Verwendung von Drittanbieter-Apps extra dem Tracking zustimmen müssen - bei den Apple-eigenen Apps hingegen nicht. Das Kartellamt prüft, ob Apple dadurch bevorzugt oder andere Unternehmen entsprechend behindert werden. Gegebenenfalls könnten sie dem Konzern dieses Vorgehen verbieten.

Seit einer Reform des GWB im Januar 2021 kann das Kartellamt leichter gegen große Digitalunternehmen vorgehen, die über Grenzen zwischen verschiedenen Marktbereichen hinweg für den Wettbewerb bedeutsam sind. "Eine Besonderheit digitaler Märkte ist, dass sie so schnelllebig sind", erklärt Rechtsanwältin und Expertin für IT-Recht, Isabell Conrad. Mit dem neuen Verfahren, festgehalten in § 19a GWB, sollte diese Schnelllebigkeit auch ins Kartellrecht integriert werden.

Das Instrument sieht dabei zwei Stufen vor: In einem ersten Schritt kann das Bundeskartellamt unabhängig von einem konkreten Verstoß feststellen, dass ein bestimmter Konzern eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat. In einem zweiten Schritt stehen der Bonner Behörde dann besondere Befugnisse zu. Sie kann dem Unternehmen zum Beispiel verbieten, eigene Angebote auf seiner Webseite gegenüber den von Wettbewerbern bei der Darstellung zu bevorzugen, oder die Nutzung eines eigenen Angebots von der Nutzung eines anderen eigenen Angebots abhängig zu machen.

Bis auf Apple alle Tech-Giganten bereits "marktübergreifend"

Bei der Bewertung geht es zum Beispiel um die Frage, ob das Unternehmen auf einem oder mehreren Märkten marktbeherrschend ist. Außerdem spielt der Zugang zu besonderen Ressourcen eine Rolle. "Im digitalen Bereich ist das häufig der Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten", sagt Conrad. So habe Apple zum Beispiel Zugang zu Gerätedaten der Nutzerinnen und Nutzer, zu Daten über das Kaufverhalten in den App-Stores und mittels des iOS-Betriebssystems auch zu Nutzungsdaten der Apps. Apple verweist hierzu auf seine Datenschutzrichtlinie, nach der unter anderem nur ein Minimum an Daten gesammelt und diese wo immer möglich auf dem Gerät verarbeitet werden.

Das Bundeskartellamt hat bislang fünf Digital-Giganten als Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung eingestuft: den Google-Konzern Alphabet, den Facebook-Konzern Meta, Apple, Amazon und Microsoft. Bis auf Apple sind alle Beschlüsse schon rechtskräftig. Amazon hatte gegen die Entscheidung der Wettbewerbshüter zwar ebenfalls Beschwerde eingelegt. Der BGH stellte sich im April 2024 aber auf die Seite des Kartellamts.

Nach Ansicht der Wettbewerbshüter verfügt Apple "über marktbeherrschende, mindestens jedoch marktstarke Stellungen auf allen vertikal verbundenen Stufen ausgehend von Smartphones, Tablets und Smartwatches über die eigenen Betriebssysteme bis hin zum Apple App Store", erläuterte das Kartellamt 2023 seine Entscheidung. Das Unternehmen sei auf einer Vielzahl von miteinander verbundenen Märkten tätig und spiele eine erhebliche Rolle für den Zugang Dritter zu Beschaffungs- und Absatzmärkten. "Zudem verfügt Apple über einen hervorragenden Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten sowie über erhebliche Finanzkraft und weitere Ressourcen", hieß es.

Apple: "Privatsphäre im Mittelpunkt"

Der iPhone-Konzern konterte damals, die Einordnung der Behörde stelle den "harten Wettbewerb, dem Apple in Deutschland ausgesetzt ist, falsch dar" und vernachlässige den Wert eines Geschäftsmodells, "das die Privatsphäre und Sicherheit der Nutzer in den Mittelpunkt" stelle. Das Kartellamt unterteile Apples Angebot künstlich in getrennte Märkte für Geräte, Betriebssysteme und App-Stores. Dabei handele es sich vielmehr um ein integriertes System an Hard- und Software.

Über die ein oder andere Frage müsse der Senat noch einmal beraten, sagte Kirchhoff zum Ende der Verhandlung. Eine Entscheidung wollen die Richterinnen und Richter daher erst am 18. März verkünden. 

Apple hatte vor Gericht gefordert, den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Kirchhoff hatte zuvor erklärt, eine solche Vorlage nach Luxemburg sei nach Ansicht des Senats hier – wie auch schon bei Amazon – nicht geboten. Sollte der Senat wiederum der Einschätzung des Kartellamts folgen, wäre die Feststellung Apples als Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung rechtskräftig.

dpa/pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Verhandlung vor dem BGH deutet Sieg für BKartA an: . In: Legal Tribune Online, 28.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56454 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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