Anders als geplant verhandelte der BGH am Donnerstag nicht über die Erstattung von Verlusten aus illegalen Online-Sportwetten. Damit gibt es erstmal keine höchstrichterliche Klärung dieser Fälle.
Immer wieder verklagen Spieler Wettanbieter und fordern die Rückerstattung ihrer Verluste, weil die Anbieter nicht über die erforderliche Lizenz verfügten, um Online-Glücksspiele in Deutschland anzubieten. Bislang sind solche Rechtsfragen noch nicht höchstrichterlich geklärt. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) sollte nun Licht ins Dunkel bringen und Klarheit für diese Fälle schaffen. Der Verhandlungstermin für Donnerstag wurde aber am Dienstag kurzfristig aufgehoben – der beklagte Sportwettanbieter habe seine Revision zurückgenommen, hieß es zur Begründung (Az. I ZR 88/23). Eine höchstrichterliche Klärung der umstrittenen Thematik bleibt damit zunächst aus. Der Sportwettenanbieter muss dem Spieler aber die verlorenen 12.000 Euro zurückzahlen.
In dem konkreten Fall hatte der Kläger 2018 an Sportwetten des österreichischen Anbieters "Betkick Sportwettenservice GmbH" auf der Seite "Betano Online-Sportwetten" teilgenommen. Der Anbieter hatte damals aber nicht die dafür erforderliche Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörde. Er hatte eine solche Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten zwar schon beantragt, erhielt sie aber –wie viele weitere Anbieter – erst im Jahr 2021.
BGH stellte sich in Hinweisbeschluss auf Seite der Spieler
In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden zugunsten des Spielers entschieden (Urt. v. 31.05.2023, Az. 13 U 1753/22). Aus einem Anfang April bekannt gewordenen Hinweisbeschluss des BGH (Beschl. v. 22.03.2024, Az. I ZR 88/23) lässt sich ableiten, dass auch der BGH womöglich so entschieden hätte. Der Sportwettenanbieter Betkick Sportwettenservice habe nach vorläufiger Einschätzung des ersten Zivilsenats in Karlsruhe gegen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in seiner Fassung von 2012 verstoßen, führten die Karlsruher Richter aus.
Fachleute erwarteten bereits auf Grundlage des Hinweisbeschlusses eine Klagewelle. Der Anbieter habe die Revision nun zurückgezogen, "damit es zu keinem Grundsatzurteil am BGH kommt", sagte Rechtsanwalt Claus Goldenstein, dessen Kanzlei nach eigenen Angaben über 4.000 Mandanten in ähnlichen Verfahren unterstützt. Dass der Anbieter das Urteil der Vorinstanz akzeptiert, gleiche einem Schuldeingeständnis.
So schätzt auch Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte, die Rechtslage ein. "Das zeigt umso mehr, dass die Spieler gute Aussichten haben, ihre Verluste aus verbotenen Online-Glücksspielen inkl. Online-Sportwetten zurückzuholen", so Cocron.
Tipico-Verfahren weiterhin vor dem BGH
Von "großartigen Nachrichten für den Verbraucherschutz", sprach auch das Unternehmen Gamesright, das einen Spieler in einem ähnlichen Verfahren vor dem BGH vertritt (Az. I ZR 90/23). Der ursprünglich für März angesetzte Termin dieses Verfahrens war zwischenzeitlich ruhend gelegt worden, weil die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich aushandeln wollten. Doch die außergerichtlichen Einigungsbemühungen scheiterten, der erste Zivilsenat muss das Verfahren wieder aufnehmen. Einen neuen Termin für die Verhandlung gibt es bisher nicht.
Die Frage, ob Verluste bei illegalen Online-Wetten rückerstattet werden müssen, könnte also in absehbarer Zeit trotz der Rücknahme der Revision im Betkick-Verfahren höchstrichterlich geklärt werden.
dpa/cho/LTO-Redaktion
Anbieter zieht Revision zurück: . In: Legal Tribune Online, 02.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54475 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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