BGH entscheidet Pferdezüchterstreit: Wer kas­siert das Geld für das Fohlen eines Welt­klas­sep­ferdes?

20.02.2020

Ein Kind, zwei Mütter, das birgt Konflikte - auch bei Pferden. Wer ist nun der Züchter: Der Halter der Mutterstute oder derjenige der Leihmutter-Stute? Der BGH hat den Streit über Fohlen des Erfolgspferds "Weihegold" nun entschieden.

Im Züchterstreit um ein Fohlen der Erfolgs-Dressurstute "Weihegold" hat der Bundesgerichtshof (BGH) Reitmeister Johann Hinnemann aus dem niederrheinischen Voerde Recht gegeben. Der BGH wies am Donnerstag eine Revision von Weihegolds Eigentümerin Christine Arns-Krogmann gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG Hamm) zurück (Urt. v. 20.02.2020, Az. III ZR 55/19).

Es ging um Stolz, Prinzipien und viel Geld: Die Stute, mit der die sechsfache Dressur-Olympiasiegerin Isabell Werth im Sommer in Tokio antreten will, ist ein Vermögen wert. Ihre Nachkommen potenziell auch. Doch wer darf sich Züchter eines Fohlens nennen, das über eine Leihmutter-Stute ausgetragen wurde?

Zum Zankapfel zwischen zwei namhaften Pferdezüchtern ist Weihegolds Tochter Aweih geworden. Die inzwischen sieben Jahre alte Stute kam nach einem Embryonen-Transfer in Voerde auf die Welt - eine gängige Praxis zur Züchtung von Sportpferden. Dabei wird der Mutterstute eine befruchtete Eizelle entnommen und einer anderen Stute eingesetzt. Mit Hilfe einer solchen Leihmutter können erfolgreiche Turnierpferde weiter bei Wettkämpfen eingesetzt werden und gleichzeitig Nachkommen produzieren.

Der Deal: Grand-Prix-Ausbildung gegen Embryonen

Die 15-jährige Weihegold - eines der erfolgreichsten Dressurpferde der Welt - ist auf diese Weise bereits 14-mal Mutter geworden, ohne ein Fohlen auszutragen. Ihre Gene sind besonders begehrt. "Ich habe kaum ein Fohlen von Weihegold unter 90.000 Euro verkauft", sagt Eigentümerin Arns-Krogmann, die im Oldenburger Münsterland nahe der Kreisstadt Vechta einen angesehenen Zuchthof betreibt.

Nur im Fall von Aweih war es anders. Und das kam so: Arns-Krogmann hatte 2011 Weihegold auf den Krüsterhof von Johann Hinnemann in Voerde gebracht. Der bekannte Pferdetrainer und Züchter sollte das Pferd zur Grand-Prix-Reife ausbilden. Er übernahm die Kosten für Pflege, Unterbringung und Beritt. Im Gegenzug räumte Arns-Krogmann ihm das Recht ein, alle ein bis zwei Jahre einen Embryo aus Weihegold zu entnehmen.

2013 kam so Aweih auf die Welt. Hinnemann ließ Weihegold durch den Hengst "Apache" besamen, entnahm nach 12 Tagen die befruchtete Eizelle und ließ sie in eine in seinem Eigentum stehende Austragungsstute einsetzen. Das Fohlen ließ er nach der Geburt dann in seinem westfälischen Pferdezüchterverband eintragen, beantragte einen sogenannten Equidenpass - eine Art Personalausweis für Pferde – und gab sich als Eigentümer und Züchter an.

"Da geht es um mehrere Tausend Euro im Jahr"

Damit begann der Ärger: "Züchter eines Fohlens ist, wer zum Zeitpunkt der Besamung der Mutterstute auch Eigentümer der Stute ist - und das war und bin ich", meint Arns-Krogmann, die sich auf eine Verordnung des Zuchtverbandes beruft. Bei den anderen 13 Fohlen ist sie als Züchterin eingetragen. "Mir geht es um Züchterstolz und auch um die Züchterprämie, wenn die Stute erfolgreich im Sport ist. Da geht es um mehrere Tausend Euro im Jahr." Sie warf Hinnemann Betrug vor, Dokumente seien gefälscht worden.

Der Erfolgstrainer lässt dies über seine Frau zurückweisen. Es gehe nicht ums Geld. "Wir lieben Aweih", sagt Gisela Hinnemann. Züchterprämien fielen ohnehin geringer aus als die Preisgelder, die den Besitzern zugute kommen.

So habe Weihegold bis Ende 2019 höchstens 30.000 Euro Züchterprämien eingespielt - ihre "Lebensgewinnsumme" liege hingegen bei 710.000 Euro. Das Olympia-Pferd wirft besonders viel ab. Aus Sicht von Gisela Hinnemann auch dank ihrem Mann: "Weihegold wäre möglicherweise heute noch Zuchtstute, wenn mein Mann nicht Frau Arns-Krogmann überredet hätte, sie in Ausbildung zu geben."

BGH: Eintragung als Züchter nicht zu beanstanden

Aweih - ähnlich schön wie ihre Mutter, aber heller – sei vielversprechend. Doch ob sie annähernd so erfolgreich werde wie Weihegold, sei ungewiss. Arns-Krogmann wollte vor Gericht erreichen, dass der ausgestellte Equidenpass und die Eigentumsurkunde eingezogen und unbrauchbar gemacht werden.

Vor dem Landgericht Münster und dem OLG Hamm bekam aber Hinnemann Recht. Da ihm die Steuerung des gesamten Zuchtvorgangs übertragen wurde, "konnte er dies nur dahingehend auffassen, dass er damit auch das Recht erhalten sollte, sich als Züchter, genauer sogenannter Zuchtbesitzer, zu bezeichnen und eintragen zu lassen", so das OLG. Weil die Sache von grundsätzlicher Bedeutung für die Pferdezucht ist, hatte es die Revision vor dem BGH zugelassen.

Der III. Zivilsenat wies die Revision von Arns-Krogmann nun zurück. Die Ausführungen des OLG seien rechtlich nicht zu beanstanden und Hinnemann sei zu Recht als Züchter eingetragen worden. Er habe die Wahl des Deckhengstes getroffen, die Austragungsstute ausgewählt und erworben, die Deckprämie und die mit Embryoentnahme und -transfer verbundenen finanziellen Belastungen getragen sowie die Tierärzte beziehungsweise Kliniken ausgesucht und beauftragt, entschied der BGH.

Arns-Krogmann hingegen habe lediglich die Freigabe zur Embryoentnahme erteilt. Bei dem gesamten Vorgang der Erzeugung des Fohlens habe sie kein Mitspracherecht gehabt, heißt es in der Mitteilung des BGH. Auch die Bestimmungen in den verbands- und vereinsrechtlichen Regelungen des Pferdezüchterverbands und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung zum Begriff des Züchters stünden der vom OLG vorgenommenen Auslegung der Vereinbarung laut BGH nicht entgegen. Nach Auffassung der Karlsruher Richter ließen die Bestimmungen abweichende Vereinbarungen zur Züchtereigenschaft zu.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH entscheidet Pferdezüchterstreit: Wer kassiert das Geld für das Fohlen eines Weltklassepferdes? . In: Legal Tribune Online, 20.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40405/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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