BGH zu Kabelweiterleitung in Wohnungsanlagen: Keine GEMA-Gebühren für Wohn­ei­gen­tümer

18.09.2015

Wohnanlagen mit einer gemeinsamen Satellitenschüssel können aufatmen: Für die Weiterleitung von TV-Signalen per Kabel in die Wohnungen müssen sie keine Gema-Gebühr zahlen. Das entschied jetzt der BGH.

Wohneigentümer müssen für die Weiterleitung von Fernseh- und Radioprogrammen von einer Gemeinschaftsantenne per Kabel in die Wohnungen keine Gema-Gebühr zahlen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag (Urt. v. 17.09.15, Az. I ZR 228/14).

Den Richtern lag eine Klage der Verwertungsgesellschaft für musikalische Urheberrechte (GEMA) gegen eine Münchner Eigentümergemeinschaft mit 343 Wohneinheiten vor. Die GEMA vertritt Urheberrechte von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern. Diese Rechte sah sie durch die Weiterleitung der Sendesignale verletzt und hatte deshalb Schadensersatz in Höhe von rund 7.500 Euro verlangt. Hätte der BGH die Weiterleitung der Signale als "Kabelweitersendung" eingestuft, so hätten die Eigentümer zahlen müssen.

Eine Kabelweitersendung setze eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) voraus, so der I. Zivilsenat des BGH. Die Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung beruhten dabei auf Richtlinien der Europäischen Union (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG). Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des UrhG sei deshalb in Übereinstimmung mit den entsprechenden Bestimmungen dieser Richtlinien und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen.

Keine öffentliche Wiedergabe im "privaten Kreis"

Danach setze die Öffentlichkeit einer Wiedergabe voraus, dass einer "unbestimmten Zahl potenzieller Adressaten" der Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet wird. Es liege hingegen keine öffentliche Wiedergabe vor, wenn die Wiedergabe auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören.

Wenn die Wohnungseigentümer anstelle zahlreicher Einzelantennen eine Gemeinschaftsantenne installieren und die Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte in den einzelnen Wohnungen weiterleiten, sei dies eine Wiedergabe für einen solchen privaten Kreis. "Im Ergebnis leiten die einzelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter", so die Karlsruher Richter.

Der Gema-Anwalt hatte bei der mündlichen BGH-Verhandlung am Donnerstag in Karlsruhe argumentiert, die 343 Wohneinheiten seien eine öffentliche und "zufällige Ansammlung von Bewohnern", vergleichbar mit Menschen in einem Konzertsaal.

Die Anwältin der Wohnungseigentümer hatte hingegen auf eine "private, untereinander verbundene Gruppe" verwiesen. "Es schellt nicht einfach jemand an der Tür und sagt: Ich will jetzt mal kostenlos Radio hören oder fernsehen", hatte sie betont.

dpa/acr/mbr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu Kabelweiterleitung in Wohnungsanlagen: . In: Legal Tribune Online, 18.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16930 (abgerufen am: 10.10.2024 )

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